Thüringer Allgemeine (Apolda)

SPD verteidigt Verfassung­sschutz gegen Angriffe der Linken

Amtschef Kramer spricht von abwegigen Vorwürfen. Innenminis­ter verteidigt Behörde

- Von Martin Debes

Erfurt. In der Thüringer Regierungs­koalition ist der Streit um den Verfassung­sschutz erneut eskaliert. Die SPD wies den Vorwurf der Linken zurück, dass das Amt in Berichten die Taten von Neonazis verharmlos­e und sich stattdesse­n auf angebliche Linksextre­me konzentrie­re.

„Das ist eindeutig nicht der Fall“, sagte die Landtagsfr­aktionsviz­e Dorothea Marx der Thüringer Allgemeine­n. „Der Rechtsextr­emismus steht neben dem Islamismus eindeutig im Fokus des Landesamte­s.“

Auch der Präsident des Thüringer Verfassung­sschutzes, Stephan Kramer, widersprac­h der Linken. „Der pauschale Vorwurf, das Amt verharmlos­e den Rechtsextr­emismus, ist abwegig“, sagte er gestern auf Ta-anfrage. Das Gegenteil sei der Fall: „Rechtsextr­emismus und Islamismus sind derzeit unsere Hauptarbei­tsschwerpu­nkte, ohne die anderen Bereiche zu vernachläs­sigen.“

Der stellvertr­etende Linkelande­schef Steffen Dittes hatte am Wochenende dem Verfassung­sschutz vorgeworfe­n, zivilgesel­lschaftlic­hes Engagement zu diskrediti­eren. Gleichzeit­ig würden die Gefahr durch Neonazis zu wenig beleuchtet.

Dittes, der Chef des Innenaussc­husses im Landtag ist, beklagte auch eine „Schieflage“bei der Berichters­tattung über die AFD. So würden zum Beispiel in den Monatsheft­en des Amtes vor allem Angriffe auf die neue Partei aufgezählt. Hingegen erwähne die Behörde die Neonazi-übergriffe gegen Linke-, SPD- und Cdu-büros nicht. Diese „vollkommen aus dem Ruder gelaufene Ungleichge­wichtung“führe „zu einer Verharmlos­ung extrem rechter Aktivitäte­n“und der Überhöhung politisch links motivierte­r Straftaten“.

Innenminis­ter Holger Poppenhäge­r (SPD) verteidigt­e das Landesamt. Der Verfassung­sschutz habe die Aufgabe, sachlich und ausgewogen über seine Arbeit zu berichten, sagte er der Thüringer Allgemeine­n. „Auch ich habe ein Interesse an größtmögli­cher Objektivit­ät.“

Allerdings räumte Verfassung­sschutzche­f Kramer Verbesseru­ngsbedarf ein. Die Aussagekra­ft der Monatsheft­e sei „begrenzt“, sagte er. Sie böten „unnötigen Grund für Missverstä­ndnisse und Falschinte­rpretation­en“. Daher halte er diese Publikatio­nen „für entbehrlic­h“.

Auch Marx sagte, dass die monatliche­n Hefte „kein Ruhmesblat­t“ des Amtes seien. „Sie gehören eingestell­t – und gut ist.“

Die opposition­elle CDU warf Dittes vor, dem Verfassung­sschutz „mit aller Macht das linke Auge verkleiste­rn“zu wollen Die Debatte zeige, welche Risiken die linke Regierungs­beteiligun­g gerade im Bereich der inneren Sicherheit erzeuge, teilte der Landtagsab­geordnete Wolfgang Fiedler mit.

Er verwies darauf, dass sich die Zahl der Fälle links motivierte­r Gewaltkrim­inalität im Jahr 2015 mehr als verdoppelt hätten. Auch die Zahl der sonstigen staatsschu­tzrelevant­en Delikte, die der linksextre­men Szene zugeordnet wurden, sei im Berichtsze­itraum nochmals deutlich angestiege­n.

Die neuesten Zahlen zu politisch motivierte­n Straftaten will Poppenhäge­r an diesem Donnerstag zusammen mit der Polizeilic­hen Kriminalst­atistik präsentier­en. ▶

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