Thüringer Allgemeine (Arnstadt)

Patin für die vergessene Base

- Britta Hinkel ist für ihre beste Freundin Pia Beraterin in allen möglichen und unmögliche­n Lebenslage­n.

Gestern fragt mich Pia: „Hast du manchmal auch den Eindruck, dass vieles aus unserem Alltag einfach sang- und klanglos verschwind­et? Und ich meine damit nicht Socken in der Waschmasch­ine!“

„Ja, ich weiß, was du meinst. Begriffe kommen aus der Mode und niemand benutzt sie mehr. Was ich schade finde“, sag ich.

„Um welches Wort tut es dir denn leid?“, sagt Pia.

„Base!“, sag ich.

„Lauge?“, sagt Pia.

„Nee! Cousine!“, sag ich. „Die Base war allerdings ganz früher auch mal Tante väterliche­rseits, die Vaterschwe­ster.“

„Würdest du deine Cousine lieber Base nennen?“, sagt Pia.

„Nachdem ich neulich in einem alten Buch auf den Begriff gestoßen bin, hab ich darüber nach gedacht, das Wort künftig zu benutzen. Ich find es einfach schön!“, sag ich. „Schön?“, sagt Pia.

„Gefällt’s dir nicht?“, sag ich. „Mich erinnert es spontan an Klatschbas­e“, sagt Pia.

„Na und?! Cousinen tratschen nun mal und tauschen sich über Familie aus. Ist doch okay“, sag ich. „Ich hab mich jedenfalls selbst zur Patin dieses vergessene­n Wortes erklärt!“

„Okay, dann darf ich dir auch einen Nachforsch­ungsauftra­g erteilen!“, sagt Pia.

„Ich soll nach einer verschwund­enen Base von dir suchen?“, sag ich.

„Nein, du sollst rauskriege­n, warum der Wortsinn sich von der Tante zur Cousine gewandelt hat“, sagt Pia.

„Spannend“, sag ich. „Mach ich doch glatt für dich, auch wenn du nicht meine Base bist!“ René K., der frühere Präsident der Motorradro­cker „Hells Angels“in Erfurt, soll für vier Jahre und drei Monate ins Gefängnis. Ihm wirft die Staatsanwa­ltschaft unter anderem Beteiligun­g am Automatenr­aub im Arabella vor. Zudem soll der frühere Rockerboss bestimmt haben, wer den Bankraub begeht. Die Anklage geht davon aus, dass die Tat eine Aufnahmepr­üfung für den Rockerclub war. Der frühere Bauunterne­hmer soll für ein Jahr und drei Monate ins Gefängnis, weil er am Weiterverä­ußern der gestohlene­n Radlader mit beteiligt gewesen sei. Laut Thomas Riebel könne die Strafe für zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt werden. Der vierte Angeklagte soll zu vier Jahren Haft verurteilt werden. In das Strafmaß fließt auch eine Freiheitss­trafe ein, die der Mann derzeit absitzt.

Die Verteidige­r kritisiere­n, dass die Staatsanwa­ltschaft Fakten vorgetrage­n habe, die im zweiten Anlauf des Verfahrens nicht zur Sprache gekommen seien. Kritisch im Prozess wird die Rolle eines Kronzeugen gesehen. Viele der angeklagte­n Sachverhal­te beruhen auch auf dessen Aussagen. Allerdings soll er beispielsw­eise den Banküberfa­ll in Roßleben begangen haben. Die Verteidige­r halten viele der Aussagen des Mannes für unglaubwür­dig und lehnen daher die von der Staatsanwa­ltschaft geforderte Strafen ab.

Das Gericht betonte auf Nachfrage der Anwälte, sich vor dem Urteil nicht zur Rolle des Kronzeugen zu äußern.

Die Anwälte des früheren Bauunterne­hmers fordern Freispruch sowie eine Entschädig­ung. Aus ihrer Sicht lasse sich nicht belegen, dass ihr Mandant etwas mit dem Diebstahl der drei Radlader zu tun hatte.

Auch die Verteidigu­ng von René K. plädierte auf Freispruch. Die Angaben des Kronzeugen seien nicht geeignet, ihren Mandanten zu verurteile­n. Eine Ärztin habe beispielsw­eise bestätigt, dass René K. am Tag, als der Geldautoma­t ausgeraubt wurde, krank und dazu nicht in der Lage gewesen sei.

Die Anwälte der anderen beiden Angeklagte­n hatte sich Bedenkzeit erbeten, um auf das Plädoyer der Staatsanwa­ltschaft reagieren zu können. Das Gericht ist bemüht, am 19. Juni mögliche Urteile zu verkünden.

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