Thüringer Allgemeine (Arnstadt)
Polizei findet Waffen bei Razzia in der rechtsextremen Szene
Staatsanwaltschaft Gera ermittelt wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung. Zwei Polizisten bei Einsatz verletzt
Erfurt.
Freitagmorgen gegen 4 Uhr klopften und klingelten teils martialisch ausgerüstete Polizisten in Thüringen und Niedersachsen an etlichen Türen. Ermittler durchsuchten zu nachtschlafender Zeit insgesamt 14 Wohnungen und Treffpunkte mutmaßlicher Rechtsextremer in Südthüringen, im Raum Erfurt und im niedersächsischen Göttingen.
Den Schlag gegen die rechte Szene unterstützten die Spezialeinheit GSG 9 der Bundespolizei sowie Spezialkommandos aus weiteren sechs Ländern und die Bereitschaftspolizei.
Wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung führt die Staatsanwaltschaft Gera seit einiger Zeit ein Verfahren gegen mindestens 13 Beschuldigte. Im Fokus der Fahnder soll sich auch die „Europäische Aktion“befinden.
Bei den Durchsuchungen wurden in Südthüringen zwei Beamte verletzt. Laut LKA leis- tete ein Mann Widerstand, den die Ermittler bis dahin gar nicht als Beschuldigten geführt hatten. Er kam in Gewahrsam. Am Abend wurde gegen ihn Haftbefehl erlassen. Bei den Razzien stellte die Polizei mehrere Schusswaffen, Waffenteile und Munition sicher. Auch rechtsextremes Propagandamaterial und geringe Mengen Rauschgift seien gefunden worden, erklärte LKA-Vizepräsident Heiko Schmidt.
Die entdeckten Waffen werden von der Kriminaltechnik im LKA untersucht. Auch sichergestellte Computer und Handys werten die Forensikexperten gerade aus.
Bei einem der Beschuldigten prüfen die Ermittler zudem einen sogenannten Reichsbürger-Hintergrund, so Schmidt. Dieser Mann besitzt eine Waf- fenerlaubnis. Die Polizei stellte seine Pistolen und Gewehre sicher. „Vorsorglich“, wie es heißt. Die zuständige Waffenbehörde soll nun seine Eignung als Voraussetzung für den weiteren Waffenbesitz prüfen.
Gegen einen der Beschuldigen lag zudem ein Haftbefehl für eine Ersatzfreiheitsstrafe von 106 Tagen vor. Der Mann soll laut LKA eine Restgeldstrafe von insgesamt 2332 Euro nicht gezahlt haben.
Politiker der Linkspartei, der SPD und der Grünen begrüßten die Polizeiaktion. Nach Angaben der Linken-Abgeordnete Katharina König-Preuss ist die „Europäische Aktion“„ein Sammelbecken von Holocaustleugnern und Neonazis“. Die Ermittlungen böten einen neuen Ansatz für die Behörden, das im Juli geplante Rechtsrockfestival in Themar neu zu prüfen.
Dorothea Marx (SPD) verweist darauf, dass „nach wie vor rechtsextreme länderübergreifende Netzwerke bestehen, in die die rechte Szene in Thüringen eingebunden ist“. Die Grünen-Abgeordnete Madeleine Henfling sieht in der „Europäischen Aktion“eine Gruppierung, die bei zahlreichen Aktionen der Thüringer Neonaziszene mit zu finden ist. Alle drei Politikerinnen verurteilten, dass von den Beschuldigten Wehrsportübungen und bewaffnete Waldbiwaks in Südthüringen abgehalten worden sein sollen. Das ist einer der Vorwürfe der Staatsanwaltschaft. Auch Innenminister Holger Poppenhäger (SPD) begrüßte das konsequente Vorgehen gegen rechtsextreme Umtriebe.
Wehrsportübungen und bewaffnete Biwaks