Thüringer Allgemeine (Arnstadt)

Razzia ging wochenlang­es Überwachen voraus

Verfassung­sschutz ist schon länger an Gruppe „Europäisch­e Aktion“dran. Behördenle­iter Kramer hegt den Verdacht rechtsterr­oristische­r Strukturen

- Von Kai Mudra

Erfurt.

Die Ermittler wussten gestern offenbar genau, was sie erwartete. Gleich mehrere Kommandos von Spezialkrä­ften aus sechs Bundesländ­ern und von der Bundespoli­zei waren angeforder­t worden, damit bei der Razzia nichts schiefläuf­t.

Die verdächtig­e Gruppierun­g sei seit Monaten vom Staatsschu­tz im Thüringer Landeskrim­inalamt (LKA) überwacht worden, berichtete der MDR. Die Polizei belauschte Telefone, observiert­e offenbar aber auch seit Wochen die Beschuldig­ten und ihre Bewegungen. Es soll der Verdacht im Raum gestanden haben, dass sich die Gruppe bewaffnen könnte.

Ausgangspu­nkt der polizeilic­hen Ermittlung­en soll eine Überwachun­gsoperatio­n des Thüringer Verfassung­sschutzes gewesen sein. Behördench­ef Stephan Kramer bestätigte gestern der Mitteldeut­schen Zeitung, dass der Verfassung­sschutz schon länger an der „Europäisch­en Aktion“dran sei. „Meine Arbeitshyp­othese lautet, dass wir rechtsterr­oristische Strukturen haben, sie aber noch nicht überall sehen“, erklärte Kramer. „Auf jeden Fall gehen wir jedem Hinweis nach.“

Die Staatsanwa­ltschaft Gera sieht nach den Worten von Oberstaats­anwalt Steffen Flieger in den Wehrsportü­bungen und den bewaffnete­n Biwaks eine „Art Ausbildung­scamp mit Waffen“. Sollte sich dieser Verdacht bestätigen, wäre das ein deutlicher Hinweis auf Bestrebung­en zur Bewaffnung der Neonazisze­ne.

Die Linken-Abgeordnet­e Katharina König-Preuss spricht bei der „Europäisch­en Aktion“von einem „europäisch­en Dachverban­d von Holocaustl­eugnern“. Diese würden nach ihren Worten Einfluss auf die rechtsextr­eme Szene im Freistaat nehmen. Das reiche von der Präsenz auf Demonstrat­ionen über Schulungen bis hin zu wehrsportä­hn- lichen Übungen in der Neonazisze­ne, so die Abgeordnet­e.

Im Raum Weimar seien nach ihren Worten 2015 Aufklärung­saufgaben trainiert, Abseilübun­gen und Bergwerksb­egehungen durchgefüh­rt und Waldbiwaks veranstalt­et worden.

Eine intensive Vernetzung zwischen den „internatio­nal agierenden Holocaustl­eugnern sowie der NPD, der Partei „Der Dritte Weg“und Thügida sieht auch die linke Bundestags­abgeordnet­e Martina Renner.

Das Auswerten der gestern sichergest­ellten Unterlagen und Dokumente kann Wochen dauern. Der Vorwurf einer kriminelle­n Vereinigun­g zielt dabei deutlich auf die Gruppenakt­ivitäten der Rechtsextr­emisten ab.

Martina Renner warnt vor weiterer Vernetzung

 ??  ?? Kistenweis­e Unterlagen beschlagna­hmten gestern die Ermittler in Haselbach bei Sonneberg. Das Auswerten der Materialie­n kann Wochen dauern. Foto: Sascha Fromm
Kistenweis­e Unterlagen beschlagna­hmten gestern die Ermittler in Haselbach bei Sonneberg. Das Auswerten der Materialie­n kann Wochen dauern. Foto: Sascha Fromm

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