Thüringer Allgemeine (Arnstadt)
Festival mit Konzerten und Kontroversen
Die dritten Achava-Festspiele präsentieren verschiedene Neuerungen
Erfurt.
Die Achava-Festspiele, die in diesem Jahr vom 31. August bis zum 10. September stattfinden, laden erneut zu einem „Dialog der Religionen und Kulturen“ein, erklärte gestern Festival-Intendant Martin Kranz.
Ein ganz besonderes Erlebnis dürfte das Requiem Verdis im Erfurter Dom werden. Staatskapelle Weimar und MDR-Rundfunkchor geben es als Gedenkkonzert für die im KZ Theresienstadt ermordeten jüdischen Musikerinnen und Musiker. Sie hatten die katholische Totenmesse 1943 in Theresienstadt spielen müssen.
Mit Spannung erwartet werden die traditionellen Erfurter Religionsgespräche, die sich in diesem Jahr natürlich mit Luther beschäftigen – unter anderem mit seiner Schrift „Wider die Juden und ihre Lügen“aus dem Jahr 1543. „Natürlich rückt Luther unvermeidlich in diesem Jahr in den Fokus“, so Thomas Seidel, Reformationsbeauftragter Thüringens. Achava biete für die kritische Auseinandersetzung mit Luther das richtige Forum.
Für einen Paukenschlag der ganz besonderen Art wird das Theater Gera/ Altenburg mit der Thüringer Philharmonie sorgen. Intendant Kay Kuntze hatte den Machern des Achava-Festivals eine Kooperation vorgeschlagen. Professor Jascha Nemtsov, der künstlerische Leiter des Festivals, ist froh darüber, dass „Die Jugend Abrahams“(Michail Gnesin) als erste hebräische Oper in der Musikgeschichte ihre Uraufführung erleben wird. Die Kammeroper wurde vor 95 Jahren komponiert.
Neu sind in diesem Jahr sind umfangreiche Angebote für Schüler, die zunächst mit einem Schülerforum im Thüringer Landtag beginnen werden. Für die Lehrer gibt es ein Angebot zur Fortbildung: „Juden in der arabisch-islamischen Welt“. Und auch das Straßenfest auf der Krämerbrücke anlässlich des Europäischen Tages der Jüdischen Kultur findet erstmals statt. Auch der Erinnerungsort Topf & Söhne ist wieder in die Achava-Festspielzeit integriert. Es wird dort eine kleine Filmreihe geben. Die Achava-Festspiele bieten 2017 erneut einen Mix aus Glamour und Gesprächen. Unter anderem wird der Achava JazzAward verliehen, der von einer 15-köpfigen Jury erstmals unter der Leitung von Professor Manfred Gründel vergeben wurde.
„Ich hätte nicht geglaubt, dass die Notwendigkeit eines solchen Festivals heute dringlicher sein könnte als vor drei Jahren, als die Idee entwickelt wurde“, umreißt Hellmut Seemann, Präsident der Klassik Stiftung und Vorsitzender des Achava-Vereins den ernsten gesellschaftlichen Hintergrund. Auch Reinhard Schramm, Vorsitzender der Jüdischen Landesgemeinde, hält den Dialog der Religionen und Kulturen für dringlicher denn je. „Die Jüdische Gemeinde bringt sich da gern mit ein“, versichert er und verweist darauf, dass bis heute normales jüdisches Leben in Deutschland noch nicht wieder möglich ist und derzeit sogar wieder Gefährdungen ausgesetzt ist. Jüdische Einrichtungen müssten stärker als bislang geschützt werden.
Ricklef Münnich, evangelischer Pfarrer und Geschäftsführer des seit 1985 bestehenden Arbeitskreises Kirche und Juden, setzt für das Festival auf Reisen. „Achava“bietet eine Reise nach Israel im November.
Thüringen wird auch in diesem Jahr wieder mit seinen Festivals „mit jüdischem impuls“für nationale und internationale Aufmerksamkeit sorgen. Denn neben Achava finden auch die 25. Thüringer Tage der jüdischisraelischen Kultur und der Yiddish Summer Weimar statt.
Dialog der
Religionen und Kulturen
www.achava-festspiele.de; der Kartenverkauf hat begonnen
Berlin.
Der Komödienspezialist Michael „Bully“Herbig dreht einen Kino-Film über eine DDRFluchtgeschichte.
„Der Ballon“handelt von der Pößnecker Familie Wetzel , die 1979 mit einem Heißluftballon in den Westen fliehen will – aber dem selbst gebauten Ballon geht die Luft aus.
Bereits vor drei Jahren traf sich Michael „Bully“Herbig mit dem einstigen Pößnecker DDRFlüchtling Günter Wetzel. Der Filmemacher ließ sich dessen Fluchtgeschichte erzählen: Gemeinsam mit seinem ehemaligen Kollegen Peter Strelzyk hatte Wetzel 1978 die Idee, die Grenze der DDR mit einem selbst gebauten Heißluftballon zu überqueren. Zur Besetzung des Thrillers gehören Friedrich Mücke, Karoline Schuch, David Kross und Jella Haase, wie das Medienboard Berlin-Brandenburg mitteilte. Die Filmförderung unterstützt Herbig („Der Schuh des Manitu“) mit 700 000 Euro.
Über die spektakuläre Flucht der Ostthüringer und ihre ebenso gefährliche wie kräfteraubende Vorbereitung dafür hatte schon Disney Anfang der Achtzigerjahre den US-Spielfilm „Mit dem Wind nach Westen“gedreht. (dpa)