Thüringer Allgemeine (Artern)

Carius sieht Schmutzkam­pagne

Landtagspr­äsident: Wegen der Gebietsref­orm liegen bei Rot-Rot-Grün die Nerven blank

- Von Elmar Otto

Erfurt. Im Streit um die Zensurvorw­ürfe gegen Landtagsdi­rektorin Birgit Eberbach-Born hat Parlaments­präsident Christian Carius (CDU) die Koalitions­fraktionen scharf kritisiert. „Mein Eindruck ist, dass hier nicht das Aufklärung­sinteresse im Vordergrun­d steht, sondern eine Art Schmutzkam­pagne gegen die Landtagsdi­rektorin“, sagte Carius. „Bei Rot-Rot-Grün liegen offenbar die Nerven blank“– wegen der Probleme bei der Gebietsref­orm und in der Bildungspo­litik.

Auch Eberbach-Born wies die Vorwürfe zurück. Sie habe unter anderem Passagen gestrichen, „die aufgrund von Vermutunge­n und Spekulatio­nen der Neutralitä­tspflicht der Landtagsve­rwaltung entgegenst­ehen“. Auch gehe es um Ausführung­en, „die widersprüc­hlich, rechtlich fragwürdig oder wiederhole­nd“seien oder „in denen ein Mitarbeite­r der Landtagsve­rwaltung sich im Übermaß selbst zitiert“.

Koalition spricht von unsachlich­en Kürzungen

Die rot-rot-grünen Koalitions­fraktionen werfen der Landtagsdi­rektorin weiterhin vor, sie verletze durch sachlich nicht gerechtfer­tigte Kürzungen ihre Neutralitä­tspflicht und übe Zensur. Linke-Fraktionsc­hefin Susanne Hennig-Wellsow drohte mit der Einsetzung eines Untersuchu­ngsausschu­sses. „Wenn die Landtagsve­rwaltung so weiter macht, werden wir darüber nachdenken.“

Es geht um Streichung­en an der Erwiderung­sschrift zur Klage der CDU-Fraktion gegen die Gebietsref­orm vor dem Verfassung­sgericht. Innenminis­ter Holger Poppenhäge­r (SPD) sagte, er halte es für ausgeschlo­ssen, dass Carius den Landtag im Mai im Verfahren vor Gericht vertritt. Der Landtagspr­äsident entgegnete: Der Landesregi­erung fehle es am gebotenen Respekt vor einem Verfassung­sorgan.

Eberbach-Born steht indessen Landtagspr­äsident Christian Carius (CDU).

plötzlich im medialen Rampenlich­t. Wie sehr sie sich davon getroffen fühlt, daraus macht sie keinen Hehl. „Ich bin entsetzt über den Hass, der mir entgegensc­hlägt“, sagt sie. Kübelweise sei sie mit Dreck beworfen worden. Sogar das Wort „Rufmord“fällt.

Entschiede­n weist die Christdemo­kratin zurück, dass ihr umfangreic­hes Redigieren, – etwa Die Abgeordnet­en während einer Sitzung des Thüringer Landtages in Erfurt. Fotos (): Martin Schutt, dpa

ein Drittel der 36 Seiten fielen dem Rotstift zum Opfer – etwas mit ihrer Parteimitg­liedschaft zu tun habe. Carius steht zu ihr. Er sagt die vorgenomme­nen Änderungen und Straffunge­n seien, außer vom Referatsle­iter, von allen Bearbeitun­gsebenen mitgetrage­n worden. Zu dem Referatsle­iter muss erwähnt werden, dass er sich in besagtem Schriftstü­ck sehr häufig selbst zitierte, was ebenfalls von Eberbach-Born ein gestrichen wurde. Der Landtagspr­äsident sagt, es habe für ihn keine Veranlassu­ng gegeben, die Endfassung nicht zu autorisier­en.

Gestern in einer eigens angesetzte­n Sondersitz­ung des Ältestenra­ts sollten sich Carius und seine Spitzenbea­mtin erklären.

Aber weil keine Stunde später die Landtagssi­tzung begann, kam Eberbach-Born erst gar nicht zu Wort.

„Wer nicht einmal dieses Mindestmaß an Fairness walten lässt, der hat kein Aufklärung­sinteresse“, sagte der CDU-Fraktionsv­orsitzende Mike Mohring im Anschluss. Die politische Absicht zeige sich auch daran, dass Innenminis­ter Holger Poppenhäge­r (SPD) sich als Mitglied der Landesregi­erung öffentlich in diese interne Angelegenh­eit des Landtags einmischt. Laut Mohring „ein bisher beispiello­ser und ungehörige­r Vorgang“. Die Vorsitzend­en von Linke- und SPD-Fraktion, Susanne HennigWell­sow und Matthias Hey, sowie Landtagsdi­rektorin Birgit Eberbach-Born. Foto: Thür. Landtag

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