Ramelow trägt mit Patenschaf „Rosa“die Hoffnung der Archehöfe
Thüringens Ministerpräsident besucht erstmals Unternehmen in Schernberg, dass bedrohte Nutztiere hält
Schernberg. In den Armen vom Thüringer Ministerpräsidenten nahm Rhönschaf-Lämmchen „Rosa“ihre Taufe ohne Meckern hin. Neben nagelneuen Ohrmarken bekam das Jungtier aus der Herde vom Schernberger Archehof gestern auch gleich eine Patenschaft vom Landesoberhaupt verpasst. Damit übernahm Bodo Ramelow (Linke) selbst die Aufgabe, dem Schäfchen und seiner vom Aussterben bedrohten Rasse, in einem möglichst langen Leben zur Seite zu stehen. Auch um seine beiden anderen „Patenkinder“, den jungen Bock „Bodelow“der seltenen Haustierart Thüringer Waldziege und Kälbchen „Tina“, einer Hoffnungsträgerin der akut bedrohten Rasse Rotes Höhenvieh werde er sich kümmern, versprach er.
Um die seltenen Haustiere zu retten, müsse das Land vor allem den Haltern und Züchtern unter die Arme greifen, stellte Ramelow klar. „Wir können nicht mit ansehen, wie Nutztiere verschwinden, weil sich die Landwirte deren Haltung nicht mehr Dorothea Peter (Mitte), Tochter von Ziegenhof-Betreiber Wolfgang Peter aus Greußen, stellt ihre Seminarfachstudie zur geringen Bekanntheit von Archehöfen vor.
leisten können. Wir brauchen solche alten Rassen, um unsere Kulturlandschaft zu erhalten“, sagte er gestern bei seinem Besuch in Schernberg.
Ramelow kannte viele der Probleme der Betreiber der drei einzigen Archehöfe in Thüringen, die alle im nördlichen Landesteil liegen, bereits. „Was gerade mit den Preisen für die Wolle passiert, bereitet mir selbst Sorgen“, sprach er aus, was Claudia
Pößel, die Chefin vom Archehof in Schernberg nervt. „Vor wenigen Tagen erst haben wir unsere gesamte Jahresproduktion an Wolle, immerhin etwa vier Tonnen, zum Preis von 60 Cent pro Kilo sozusagen verschenken müssen. Der Ertrag deckt nicht mal die Kosten fürs Scheren.“
Mit dem Erlös aus der Wolle rechnet sie gar nicht mehr. Für die Vermarktung liege der Schwerpunkt längst auf Produkten
aus dem Fleisch der Tiere. Auf derartige Strategien bauen auch Diana Forst, die im einzigen Thüringer Archepark in Herreden im Landkreis Nordhausen Rotes Höhenvieh hält und Wolfgang Peter, der Milch und Fleisch seiner Thüringer Waldziegen, die er auf seinem Hof in Greußen züchtet. Trotzdem nickten beide zur Unterstützung, als Claudia Pößel dem Ministerpräsidenten erklärte, dass ihr Betrieb als Archehof nur überleben könne, wenn es weiterhin Förderprogramme für die Kulturlandschaftspflege gebe. „Das ist eines unserer wichtigsten Standbeine.“
Interessant wäre es für alle drei Betriebe, für Bildungsaufgaben, die sie seit Jahren schon erfüllen, auch angemessen vergütet zu werden. Für die Idee, Teile des Unterrichts an Thüringer Schulen auf nachhaltig betriebene und auf den Erhalt alter Rassen ausgelegte Landwirtschaftsbetriebe zu verlagern, fanden sie bei Ramelow ein offenes Ohr. Erst recht, nachdem der gehört hatte, wie wenig das ArchehofPrinzip in den Köpfen von Schülern verankert ist. Festgestellt hat das Dorothea Peter in ihrer Seminarfacharbeit an den Gemeinschaftsschulen. Eine Umfrage, die ihre Arbeitsgruppe auch unter Mitschülern durchgeführt hatte, ergab, dass mehr als die Hälfte nicht wusste, dass solche Höfe dem Erhalt gefährdeter Arten dienen. Dorothea präsentierte die Ergebnisse der Arbeit gestern dem Ministerpräsidenten und allen anderen Gästen auf dem Archehof.