Thüringer Allgemeine (Bad Langensalza)

Innovative Forschung von Wildtierfa­lle bis Baustoff-Recycling

Institut in Tröbsdorf will in diesem Jahr bereits wieder expandiere­n. Neuer Lkw-Enteiser kurz vor der Marktreife

- Von Susanne Seide

Tröbsdorf. Deutlich früher als geplant expandiert das gemeinnütz­ige Institut für Angewandte Bauforschu­ng (IAB) Weimar an seinem Standort in Tröbsdorf. Hintergrun­d ist, dass es Teil des neuen Thüringer Innovation­szentrums für Wertstoffe mit Sitz in Nordhausen wird. Dessen Ziel ist es, Baustoffe möglichst hochwertig zu sortieren, aufzuberei­ten und neue Baustoffe herzustell­en, weiß der Institutsd­irektor Ulrich Palzer. Daher will das IAB möglichst bereits ab Mai auf seinem Grundstück ein weiteres Gebäude für die Büronutzun­g und vor allem eine Versuchsha­lle errichten lassen.

Nach der Einweihung eines neuen Technikums im vergangene­n Jahr war der nächste Bauschritt eigentlich erst in bis zu zehn Jahren vorgesehen. Bereits jetzt ist das IAB ein Experte in Sachen Baustoffre­cycling und spielt nicht von ungefähr gemeinsam mit dem F.A.-FingerInst­itut an der Bauhaus-Uni und der MFPA Weimar auf dem Sektor Bauwesen bundesweit in der ersten Liga. So hat es eine Maschine entwickelt, die schon heute Baustoffe absolut sortenrein trennen kann. Dazu wird unter anderem anhand der Flugbahn von Brocken ermittelt, um welchen Baustoff es sich handelt. Damit kann zum Beispiel Gips gezielt erfasst werden, der als Recycling-Baustoff beim Autobahn-Bau schon für Probleme gesorgt hat, weil es immens aufquillt. Rund 40 Forschungs­projekte betreuen derzeit die IAB-Mitarbeite­r. Aktuell etwa eine Entwicklun­g mit einem Unternehme­n zum Enteisen von Lastern mit Planenaufb­auten. Ihre innovative Anlage ist bereits preisgekrö­nt, jetzt arbeiten die Partner an einem Kleingerät mit Gabelstapl­er, das kurz vor seiner Marktreife steht und damit für mehr Sicherheit auf deutschen Straßen sorgen soll.

Aus seiner Kompetenz für Bildbearbe­itung ist zudem am IAB derzeit ein Prototyp im Einsatz, der die aufwendige und kraftraube­nde Handarbeit beim Aussortier­en schadhafte­r Bausteine in der Produktion mit einer Maschine ersetzt. Zudem entwickelt­e das IAB mit einem Zoologisch­en Institut in Berlin eine Wildtierfa­lle, um in Afrika gezielt Geparden einzufange­n, die umgesiedel­t werden sollen. Das System ist so genau, dass es die Tiere von den kleineren, aber sehr ähnlich gefleckten Servalen unterschei­den kann, „statt wie in Ohrdruf ständig die Fallen kontrollie­ren zu müssen“, sagte Palzer schmunzeln­d vor dem Hintergrun­d, dass die Wolfshybri­den dort bis heute nicht eingefange­n werden konnten.

Und das IAB will Abwasseren­tsorger vor den Millionens­chäden durch Feuchttüch­er entlasten. Diese verstopfen, einmal in die Toilette geworfen, die Leitungen. Das Institut arbeitet an einer neuen Norm und einem besseren Verfahren, um zu ermitteln, welche Tücher wirklich unbedenkli­ch ins WC können, was die Hersteller heute fälschlich­erweise noch von allen Feuchttüch­ern behaupten.

Hitze und Kälte werden in Tröbsdorf ebenso simuliert wie Luftfeucht­igkeit bis zu 100 Prozent, die Beständigk­eit von Beton gegenüber Säuren, die Wärmeleist­fähigkeit, Schallschu­tz und vieles mehr. Seine Forschung nutzt das Institut auch zu ganz eigenen Zwecken, um in der Bilanz trotz des Immensen Stromverbr­auch energieaut­ark zu arbeiten, sagte Palzer beim Firmenbesu­ch von Oberbürger­meister Stefan Wolf.

Das Institut, das sich überwiegen­d aus öffentlich­en Projektmit­teln finanziert, steigerte im Vorjahr seinen Umsatz erstmals über die Marke von zehn Millionen Euro. Es zählt 110 Beschäftig­te, darunter 88 wissenscha­ftliche Mitarbeite­r.

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Der Institutsd­irektor Ulrich Palzer im  eingeweiht­en Technikum. In Kürze will das IAB auf seinem Areal mit einem weiteren Neubau beginnen. Foto: Susanne Seide

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