Thüringer Allgemeine (Bad Langensalza)
Der Kampf der Kurden in Deutschland
Türkische Armee besetzt syrisches Afrin. Hierzulande warnen Behörden vor Eskalation
Berlin. Der Mann baut sich auf vor den verbrannten Möbeln. Er schwenkt die türkische Fahne. „Das ist unmenschlich“, sagt er. „Niemand schützt uns vor diesen feigen Angreifern.“Hinter ihm treten Frauen mit Kopftuch und Männer durch die Trümmer in ihrer Moschee.
Laut Augenzeugen warfen Jugendliche vergangene Woche Brandsätze durch die Scheiben der Koca-Sinan-Moschee in Berlin. Und nicht nur hier. In Lauffen in Baden-Württemberg zündeten Unbekannte mit Brandsätzen eine Moschee an. Das Haus eines türkischen Vereins im nordrhein-westfälischen Meschede wurde mit einem Molotow-Cocktail beworfen. Die Polizei ermittelt, vermutet politische Motive. Bekennerschreiben lassen einen kurdischen Hintergrund vermuten.
Nach einer wochenlangen Militäroffensive besetzten türkische Soldaten gemeinsam mit Milizen der „Freien Syrischen Armee“am Sonntag Afrin, die Hauptstadt der Kurden im Nordwesten Syriens. Seite an Seite mit der Armee kämpfen auch radikale Islamisten.
Seit Wochen warnen Innenexperten davor, dass der Konflikt zwischen der Türkei und den Kurden auch in Deutschland neu entfacht. Die abgebrannte Moschee in Berlin gehört zum Verband „Ditib“. In den vergangenen Jahren stand „Ditib“oft in den Schlagzeilen. Politiker von CDU bis Linkspartei sehen „Ditib“als „verlängerten Arm Erdogans“.
Führende Vertreter der Kurden in Deutschland rufen zu friedlichen Protesten auf. Aber auch in der Spitze der Verbände wächst die Wut. Ali Ertan Toprak, Bundesvorsitzender der Kurdischen Gemeinde und CDU-Mitglied, warnt von „ethnischen Säuberungen“durch die Türkei und fordert Sanktionen. Deutschland liefert immer wieder Panzer und Waffen an die Erdogan-Regierung. Fotos zeigen Panzer des Typs „Leopard 2“in den Straßen Afrins. Und nicht nur in manchen Moscheen sehen Sicherheitsbehörden eine Gefahr für den Frieden in Deutschland. Zuletzt durchsuchten Polizisten in drei Bundesländern Räume der Rockergruppe „Osmanen Germania BC“. Laut Behörden sind die „Osmanen“türkisch-nationalistisch und teilweise rechtsextremistisch.
Rund 10 000 Rechtsextremisten zählt der Verfassungsschutz zur „Ülkücü“-Bewegung in Deutschland, die „Grauen Wölfe“, deren Anhänger sich mehrfach Auseinandersetzungen mit kurdischen Gruppen lieferten. Zur kurdischen PKK zählt der Verfassungsschutz rund 14 000 Anhänger. Vor allem einzelne Jugendgruppen gelten als schwer kontrollierbar. Auf Facebook sinke die „Hemmschwelle zur Gewalt“. Die Polarisierung in Syrien wirke wie ein „Brandbeschleuniger“, mahnt der Verfassungsschutz.