Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
DFB-ELF feiert in Aserbaidschan fünften Sieg im fünften Spiel
Beim 4:1 rechtfertigt Schürrle mit zwei Toren seinen Einsatz von Beginn an. Erstes Gegentor seit der EM
Baku.
Mitternacht war vorüber, als André Schürrle durch die Flure des Stadions in Baku dem Ausgang entgegenstrebte. Geisterstunde. Der Flieger, der die Mannschaft noch in der Nacht von Aserbaidschan nach Deutschland bringen sollte, wartete. Schürrle sah zufrieden aus. Seine Geister hatte der Mann von Borussia Dortmund zu diesem Zeitpunkt längst verscheucht. Geister, die er mitgebracht hatte aus Westfalen, wo es für ihn bescheiden läuft.
Beim 4:1 (3:1)-Sieg der deutschen Fußball-nationalmannschaft im Wm-qualifikationsspiel in Aserbaidschan, dem fünften Sieg im fünften Spiel auf dem Weg zum Turnier 2018 in Russland, war der 26-Jährige zur prägenden Figur geworden. „Ich gehe jetzt am Mittwoch mit einem guten Gefühl nach Dortmund“, sagte der Offensivmann nach der Partie, in die er für das Allgemeinbefinden überraschend geraten war.
Aue-profi Nazarov schießt Ausgleich zum 1:1
Löw vertraute anstelle des zuletzt angeschlagenen Mesut Özil im offensiven Mittelfeld diesmal nun also Schürrle. Am Tag vor der Partie hatte der Bundestrainer für eben jenen Schürrle ein paar hübsche Girlanden gebunden und ihn trotz – oder gerade wegen – seines Reservisten-daseins in Dortmund als Spieler mit besonderen Fähigkeiten gelobt. Und Männern, die Außergewöhnliches zu leisten im Stande sind, erfahren auch in schwereren Zeiten die Wertschätzung des Bundestrainers. Er lobte dessen Torgefahr und ungebremste Motivation. Fähigkeiten, die der so dekorierte Schürrle eindrucksvoll nachweisen konnte.
„Natürlich liegt es viel am Vertrauen. Ich fühle mich hier pudelwohl, der Trainer schenkt mir viel Vertrauen und sagt das auch öffentlich, dann kann ich das auch zurückzahlen“, sagte der Doppeltorschütze, der sich gleich auch noch das Lob von Löw abholte: „Er hat zwei Tore gemacht, von daher war das natürlich auch gut für ihn für das Selbstbewusstsein.“
Nach etwas fahrigem Beginn der Deutschen besorgte Schürrle die Führung. Jonas Hector hatte den Ball von der linken Seite flach vor das Tor gebracht, wo der 26-Jährige lauerte und vollendete (19. Minute). Erste Chance, erstes Tor. Doch in jener Phase mühten sich die Männer in den weißen Hemdchen vergeblich um das angemessene Maß an Souveränität. Zum Teil absurde Fehlpässe führten zu gefährlichen Ballverlusten. Ein recht unerklärlicher Hochschuss von Jonas Hector wurde so zum Ausgangspunkt des Ausgleichs. Dimitri Nazarov von Zweitligist Erzgebirge Aue, größter Star der Gastgeber, ließ noch Sami Khedira hübsch aussteigen und traf dann gegen den schuldlosen Bernd Leno, der den Vorzug im Tor vor Marcandré ter Stegen erhalten hatte (31.). Es war für die deutsche Elf das erste Gegentor seit der EM, es beendete die mehr als sieben Spiele währende Serie – und es versetzte der Stimmung im Stadion einen gehörigen Adrenalinstoß. Die Folge: aserbaidschanischer Wagemut. Zu viel davon vermutlich. Leichtsinniger Ballverlust in der eigenen Hälfte, Pass Schürrle, dann zog Thomas Müller mit Ball an Torwart Kamran Agayev vorbei und schob den Ball ins leere Tor (36.). Und der kleine Zwischenspurt bis zur Halbzeit beinhaltete noch eine Flanke von Kimmich und einen nachfolgenden Kopfball von Mario Gomez, der sich präzise ins gegnerische Tor senkte (45.). Die Meuterei des Außenseiters war schnell niedergeschlagen, bevor Schürrle den Schlusspunkt setzte und den Ball aus elf Metern ins Tor jagte (81.).
Der Torschütze war erleichtert. „Es war ein schweres Stück Arbeit. Wir waren in den Zweikämpfen zu locker. Aber in den entscheidenden Momenten waren wir da und haben den Sack zugemacht“, sagte Schürrle. Auch Löw war keineswegs euphorisch. „Es ist nicht alles Gold, was glänzt“, sagte Löw.