Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
Ohne Querdenker geht es nicht
Beim „March for Science“trotzen in Jena 1100 Teilnehmer den „alternativen Fakten“und dem schlechten Wetter
Jena.
Etwa 1100 Jenaer und Gäste der Stadt haben am Sonnabend trotz schlechten Wetters am „March for Science“teilgenommen. Weil Jena als Thüringens Fixpunkt unter weltweit 500 Orten auserkoren war, an denen für den Wert von Wissenschaft und gegen „alternative Fakten“demonstriert wurde, beteiligten sich mit Peter Scharff und Volker Zerbe zum Beispiel auch die Rektoren der TU Ilmenau und der FH Erfurt an der Demo in der Saale-stadt.
Zwar verkünde die Wissenschaft keine ewige Wahrheit, aber methodisch verlässliches Wissen, sagte Walter Rosenthal, Präsident der Friedrich-schilleruniversität, auf der Abschlusskundgebung am Ernst-abbecampus. Deshalb gelte es dafür zu streiten, „dass diese Rolle überall in der Welt gesichert wird“. Rosenthal mahnte zu bedenken, wie schnell in den USA, dem Musterland der Wissenschaft, die Forschung an den Pranger gestellt wurde, seit Donald Trump Präsident ist. „Auch bei uns gewinnen Populisten an Raum“, weshalb um Vorurteilsfreiheit gekämpft werden müsse. Wissenschaft lebe von Austausch, Querdenken und Nonkonformismus, sagte der Fsupräsident. Es sei nicht verhandelbar, dass wissenschaftliche Erkenntnisse eine Grundlage des gesellschaftlichen Diskurses darstellen. Peter Scharff erzählte vom Besuch einer Kneipe, wo er diesen Spruch gelesen habe: Ich weiß, dass du recht hast, aber meine Meinung ist mir wichtiger. Hier deute sich die Gefährdung der Wissenschaft an. Doch: „Ein Angriff auf die Freiheit der Wissenschaft ist auch ein Angriff auf die Freiheit des Menschen selbst“, sagte der Rektor der TU Ilmenau.
Allerdings gebe ihm die Welt der Wissenschaft Hoffnung für die Zukunft; „Hoffnung, dass sich das One-world-prinzip durchsetzt“. Wenn Wissenschaftler ihre Tätigkeit aufgeben müssen, wenn sie verjagt und verfolgt werden, müsse man offen dagegenstehen, stellte Yannes Janert vom Studierendenrat der Friedrich-schiller-universität fest. Im Zweifelsfall gelte hier: Was man sät, erntet man. Und so gab sich Janert selbst Antwort auf die Frage, wie der Einzelne Einfluss nehmen könne – Indem er Weltanschauung offen vertrete in der Familie, im sozialen Umfeld, unter Kollegen. „Man redet also zum Beispiel mit dem Nachbarn darüber, was Redlichkeit ist.“
Ihre zwiespältigen Gefühle beim Blick auf den „March for Science“bekundete die Studentin Kübra Çig. Schließlich seien die studentischen Mitbestimmungsrechte immer mehr eingeschränkt worden und die Arbeitsbedingungen im wissenschaftlichen Mittelbau besonders prekär. Insofern gebe es schon lange nicht mehr die Freiheit der Forschung.
„Meine Meinung ist mir wichtiger“