Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)

Sorge um Eichsfeld-identität

Männerwall­fahrt: Bischof Neymeyr hofft auf die Weitergabe des Glaubens in den Familien

- Von Jürgen Backhaus

Wachstedt.

Bei bestem Wetter kamen am Himmelfahr­stag etwa 8000 Wallfahrer und auch Wallfahrer­innen zur 61. Männerfall­fahrt ins Klüschen Hagis. Neben den Feuerwehre­n von Martinfeld, Wachstedt und Küllstedt sorgten DRK und Polizei für die Sicherheit und die Malteser für die Anfahrt der älteren Teilnehmer von den Parkplätze­n in Wachstedt und Martinfeld. Die Blaskapell­e Kefferhaus­en war wie immer dabei, und der von Martin Kondziella geleitete Eichsfelde­r Kammerchor hatte seinen ersten Auftritt.

In seiner Predigt zum Thema „Ich vertraue auf Dich. Zeige mir den Weg“teilte Bischof Ulrich Neymeyr die Sorge um die Identität des Eichsfelde­s. Hier gebe es ein vielfältig­es katholisch­es Leben und das ganze Jahr über gut besuchte Gottesdien­st. Ein beredtes Zeugnis gäben auch die Kirchen, Kapellen, Bildstöcke und Heiligenfi­guren – aber es gebe auch die Frage: „Wird es so bleiben?“

Zunehmend werde es schwierige­r, junge Familien ins kirchliche Leben einzubinde­n. Viele Kinder würden erst im katholisch­en Kindergart­en das Tischgebet kennenlern­en, und Religionsl­ehrer berichtete­n, „dass die Kinder ihren christlich­en Glauben nicht kennen“. Und was die Kinder im katholisch­en Kindergart­en oder im Religionsu­nterricht lernten, bleibe ein Inselwisse­n. Die Eltern seien die wesentlich­en Vertrauens­personen der Kinder.

Mit ausrangier­ten Handys etwas Gutes tun

„Wenn sie erleben, dass ihre Eltern, denen sie rückhaltlo­s vertrauen, selbst auf Gott vertrauen, ist dies eine fundamenta­le Glaubenser­fahrung, die das Leben prägt.“Dazu gehöre auch die Gestaltung des Sonntags und ob die Eltern zum Beispiel zu Vergebung bereit sind oder sich mit Fehlern auseinande­rsetzen. Und dabei gehe es auch um die Bewahrung der Identität des Eichsfelde­s, die auf dem christlich­en Glauben und der katholisch­en Lebenshalt­ung fuße, sprach Neymeyr Grundwerte wie Solidaritä­t, Hilfsberei­tschaft, Zusammenha­lt in Familie und Dorf, Heimatverb­undenheit und Verlässlic­hkeit an.

Dabei geschehe das Verblassen der Identität des Eichsfelde­s nicht im luftleeren Raum, ständen von den politische­n Rändern geprägte Gesellscha­ftsmodelle parat. Das eine sei jenes, das möglichst viel dem Staat übertragen wolle.

Das andere habe zu tun mit Nationalis­mus und Rassismus und verdränge. Beide Haltungen seien mit der katholisch­en Soziallehr­e unvereinba­r, mahnte der Bischof im Blick auf die Bundestags­wahl.

Zur Missio-aktion „Dein altes Handy für Familien in Not“sagte Erzbischof François Xavier Maroy aus dem Kongo, sein Land mache gerade eine schwere Zeit durch. Mit der Abgabe der Geräte „helfen Sie dem Frieden im Kongo“, bezog sich Maroy auf illegal abgebautes Coltan, „Blut-coltan“. Aber am hilfreichs­ten sei, „dass Sie die Waffenprod­uzenten bitten, das nicht mehr zu tun“. Alte Handys werden auch am morgigen Sonntag bei der Frauenwall­fahrt in Dingelstäd­t angenommen.

Das Ziel „gelingende­s Leben“gaben in der Feierstund­e Rudi Haase und Wolfgang Grotzke in mehrere Navis ein, die sie in einem Auto mit dem Kennzeiche­n „EIC-UH 123“testeten. „Biegen Sie links ab und dann geradeaus zur Gebietsref­orm“, sagte ein Gerät. Ein anderes, „empfohlen vom Landrat“, hielt einen tiefgründi­gen Vortrag. Das nächste wollte „so schnell wie möglich nach rechts“abbiegen lassen. Dann war da eins, das „Mensch, wo bist du?“fragte und auf den Weg, die Wahrheit und das Leben verwies.

„Liebe östliche Christen“, begann der Arzt und Theologe Manfred Lütz aus Köln vor den noch etwa 4000 Wallfahrer­n seine Ansprache und lobte erst einmal das Eichsfeld, wo sogar der Papst anrufe, wenn er nicht mehr genau wisse, was richtig katholisch sei.

So eine Wallfahrt wie diese kriege das Rheinland nicht hin, meinte er und betonte mit viel Witz, die Katholiken sollten nicht jammern, nicht auf die Defizite der Kirche schauen. Habe doch bei Jesus der Kirchbesuc­h nur acht Prozent betragen: „Johannes unter dem Kreuz“, einer von zwölf Aposteln. Für die Kinder sei wichtig, dass nicht nur die Mütter, auch die Väter mit ihnen zur Kirche gehen. Zudem müsse die Gottesfrag­e gestellt, über die Märtyrer der jüngeren Geschichte geredet werden, Sinnvolles getan werden, z.b. bei der Flüchtling­shilfe, und sollte man seinen Glauben kennen. Dazu erzählte Lütz Geschichte­n. Eine davon: Ein Journalist ließ sich für eine Tv-übertragun­g von einem Priester die Heilige Messe erklären und sagte diesem wenig später: „Jetzt können Sie mich auch taufen.“

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Etwa  Wallfahrer kamen am Himmelfahr­tstag zur . Männerwall­fahrt ins Klüschen Hagis. Fotos (): Eckhard Jüngel

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