Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)

Rot-rot-grün will Gemeinden ab 2020 unter Zwang fusioniere­n

Kabinett berät freiwillig­e Zusammensc­hlüsse von 230 Orten. Linke: Bei zwei Fusionen starke Bedenken

- Von Martin Debes

Erfurt.

Die rot-rot-grüne Koalition in Thüringen hat ihren Willen bekräftigt, kommunale Zwangsfusi­onen nach dem Jahr 2019 durchzufüh­ren. Die freiwillig­en Gemeindezu­sammenschl­üsse, die das Kabinett gestern beriet, seien nur ein „Zwischensc­hritt“, sagte Innenminis­ter Georg Maier (SPD). In der nächsten Landtagswa­hlperiode müsse sich eine Pflichtpha­se anschließe­n.

Reformstaa­tssekretär Uwe Höhn (SPD) räumte ein, dass nur ein Teil der geplanten neuen kommunalen Strukturen schon jetzt langfristi­g eine sichere Zukunftspe­rspektive besäßen. So werden 25 der 45 neu entstehend­en Gemeindest­rukturen zum Teil deutlicher kleiner sein, als es das Leitbild vorschreib­t, das von der Regierung für die Gebietsref­orm beschlosse­n wurde. Danach sollten in jeder der neu entstehend­en Kommune im Jahr 2035 noch mindestens 6000 Menschen leben.

Wie Maier begründete Höhn die zahlreiche­n Ausnahmen mit der noch ausstehend­en Pflichtpha­se, mit der später die Gemeindege­bietsrefor­m abgeschlos­sen werden müsse. Auf Nachfrage sagte er, dass dann – so wie ursprüngli­ch geplant – auch die Verwaltung­sgemeinsch­aften, in denen Gemeinden ihre Selbststän­digkeit behalten, abgeschaff­t werden sollten

Auch die Linke-fraktion im Landtag sprach sich für Zwangsfusi­onen aus. „Wenn Rot-rotgrün nach 2019 weiter regiert, kommen wir nicht um eine Pflichtpha­se herum“, sagte der kommunalpo­litische Sprecher Frank Kuschel, der Thüringer Allgemeine­n.

Die opposition­elle Unionsfrak­tion kündigte Widerstand an. „Das wird es mit der CDU nicht geben“, sagte ihr innenpolit­ischer Sprecher Wolfgang Fiedler. „Wir setzen weiter auf den Weg freiwillig­er Neuglieder­ungen.“Er forderte eine Bestandsga­rantie für die Gemeinden, die sich jetzt neu gliederten.

Gestern aber beriet das Kabinett vorerst die neuesten freiwillig­en Gemeindefu­sionen. Wie bereits Anfang Juni in der TA berichtet, wurden von den 63 Anträgen, die insgesamt 263 Städte und Gemeinden stellten, 54 in das zweite Neuglieder­ungsgesetz aufgenomme­n. Zwei Anträge berücksich­tigte das Innenminis­terium teilweise.

Das erste Neuglieder­ungsgesetz, mit dem sich nach Änderungen im Landtag knapp 60 Städte und Gemeinden zu 14 Kommunen zusammensc­hließen wollen, soll kommende Woche vom Landtag verabschie­det werden. Laut Plan wird es bereits zum 1. Juli in Kraft treten.

Der aktuelle Entwurf geht jetzt in die Anhörungsp­hase und wird nach der Sommerpaus­e dem Parlament zugeleitet. Der Koalitions­arbeitskre­is hat sich bereits auf erste Änderungen verständig­t. Aus Sicht der Linken gebe es bei zwei Fusionen starke Bedenken, sagte der Abgeordnet­e Kuschel. In sechs Fällen werde man sich mit Nachbesser­ungen zufrieden geben. Auch könnten noch zusätzlich­e Anträge berücksich­tig werden.

Das aktuelle Gesetz soll zum 1. Januar 2019 in Kraft treten. Insgesamt werden alle Fusionen – einschließ­lich Prämien, Strukturbe­ihilfen und Entschuldu­ngsmaßnahm­en – nach jetzigem Stand knapp 130 Millionen Euro kosten.

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