Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
Eine technische Meisterleistung
80 Jahre Teufelstalbrücke – elegante Form und gelungene Verbindung mit der Natur
Zu „Drei von vier Thüringern befürworten Windkraft“vom 14. Juni diese Meinung:
Natürlich haben die Thüringer nicht generell etwas gegen die Nutzung von Windenergie. Aber sie haben etwas gegen den zügellosen Weiterausbau, insbesondere im Wald oder wenn die Bürger direkt betroffen sind. Nach Windkraftanlagen im Wald wurde allerdings bei der Forsa-umfrage gar nicht erst gefragt. Auch nicht danach, welches Ausmaß des weiteren Ausbaus akzeptabel wäre. Warum?
Zudem wurde der Kreis der Betroffenen fehlerhaft erfasst. Die Wohnortnähe wurde mit einem Abstand bis 5000 Meter zur Windkraftanlage fälschlich groß gewählt. Nicht umsonst fordern die Bürger einen Mindestabstand der dem zehnfachen der Anlagenhöhe entspricht. Bei einer 250 Meter hohen Anlage, wäre man also schon mit 2500 Metern Abstand zufrieden. Das heißt, bei Menschen, die im größeren Abstand wohnen, konnte man ohnehin von einer höheren Akzeptanz ausgehen. So aber wird die Akzeptanz oder besser Inakzeptanz der tatsächlich direkt Betroffenen verschleiert.
Doch selbst die zu Gunsten scheinbar höherer Akzeptanz durchgeführte Erhebung ist allarmierend. Wenn bereits jetzt laut Studie 37 Prozent aller Thüringer Windkraftanlagen nicht oder überhaupt nicht akzeptieren, wie wird es wohl in der Zukunft aussehen, wenn die Anzahl der Anlagen vervielfacht wurde, die Strompreise weiter angestiegen sind und sich all die andere Probleme des Windkraftausbaus offenbart haben ? Nicht zuletzt geben 76 Prozent, also drei von vier der Befragten, Bedenken gegenüber einen möglichen Bau in Wohnortnähe an.
Hardy Scheidig, Weißenborn
Im Sommer 1962 kannte ich den Begriff „Superlative“noch nicht. Doch als ich auf einer Urlaubswanderung im wildromantischen Zeitzgrund nahe Stadtroda an der Ziegenmühle in das Teufelstal einbog, war ich plötzlich überwältigt von einer hohen und weit gespannten doppelten Stahlbetonkonstruktion über mir – der Teufelstalbrücke.
Sie überbrückt im Zuge der Autobahn 4 das tief eingeschnittene Tal mit einer Bogenspannweite von 138 Metern und 270 Metern Gesamtlänge in 56 Metern Höhe. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts führte die industrielle Erschließung Thüringens zur Erweiterung der alten, aber auch verstärkt zur Anlage ganz neuer Verkehrswege. Die alten historischen Brücken entlang der wichtigen Handelsstraßen wie in Creuzburg, Erfurt oder Wünschensdorf reichten nun nicht mehr für das größere Warenaufkommen und die wichtigen neuen Eisenbahnstrecken benötigten verstärkt großzügigere Brückenbauten. Hiervon zeugen auch zahlreiche Viadukte wie in Stadtilm, Lichte, Gotha und Apolda. Bereits in der Zeit der Weimarer Republik begann man mit der Planung und dem Bau von Schnellstraßen.
Die erste autobahnähnliche Schnellstraße Deutschlands, die „Automobil-verkehrs- und Übungs- Straße“(Avus) wurde 1921 in Berlin für den Verkehr freigegeben. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 beschleunigte sich der Ausbau zu Reichsautobahnen.
Gerade im „Mustergau“Thüringen, so beschreibt es Historiker Steffen Raßloff, legte die Nsführung um Gauleiter Fritz Sauckel großen Wert auf dieses Prestigeprojekt, das zugleich die Arbeitslosigkeit mit bekämpfen sollte. 1935 wurde die Reichsautobahn 80 (heute A4) von Dresden aus nach Westen vorangetrieben und schon 1937 war die Strecke bis Jena vollendet. Dazu war es notwendig gewesen, das zwei Kilometer westlich des Hermsdorfer Kreuzes gelegene tiefe Teufelstal zu überwinden. Der renommierte Architekt Paul Bonatz, der unter anderem den Stuttgarter Hauptbahnhof errichtete, entwarf 1935 die Teufelstalbrücke.
Im Juni 1936 begannen die Bauarbeiten und die endgültige Fertigstellung der 2,1 Millionen Reichsmark teuren Brücke erfolgte im August 1938. Sie war damals die weltweit siebtgrößte Stahlbetonbogenbrücke und eine ingenieurtechnische Meisterleistung! Die Ausführung oblag dann Emil Mörsch, auf den zahlreiche Alpenbrücken zurückgehen. Für den Bau der beiden Betonbögen wurden unter anderem 6500 Tonnen Zement und 1000 Tonnen Stahl benötigt sowie ein riesiges Holzgerüst für die Schalung. Die Fundamente sind zwölf Meter tief im Fels verankert. Die elegante Formgebung der Brücke stellte eine überaus gelungene Verbindung von Natur und Technik dar.
Doch 1999 stellte sich heraus, dass die Teufelstalbrücke nicht mehr sanierungsfähig war. Südlich entstand bereits 1996 im Zuge des Ausbaus der A 4 eine neue Brücke in gleicher Gestalt und die alte Brücke wurde schließlich abgerissen und bis 2002 durch eine Nordbrücke gleicher Konstruktion ersetzt. Leider geriet die Teufelstalbrücke auch durch einen der spektakulärsten Kriminalfälle Thüringens in die Schlagzeilen. Im August 1991 fand man unter der Brücke eine hinuntergeworfene Mädchenleiche. Nach 27 Jahren wurde im März der mutmaßliche Täter festgenommen.
Interessant ist auch der historische Einfluss auf die Weltpolitik. Bis 1941 war in Richtung Westen der Ausbau der Autobahn bis Eisenach vollendet, dann erfolgte die kriegsbedingte Einstellung der Bauarbeiten.
Am 12. April 1945 übernachtete der Us-oberbefehlshaber General Eisenhower in Neudietendorf, und kurz darauf war Thüringen vom Nationalsozialismus befreit und die amerikanischen Truppen rückten in Richtung Mulde vor. Hierbei kam „Ike“Eisenhower auch mit dem kompakten Autobahnsystem um das Hermsdorfer Kreuz in Berührung, was ihn inspirierte und er daraufhin als 34. Präsident der USA in den 1950er-jahren das „Interstate“-system ins Leben rief.
Am 25. und 26. August wird schließlich mit einem „Teuflischen Wochenende“das 80-jährige Bestehen der Teufelstalbrücke im Zeitzgrund begangen. Zwischen Papier-, Ziegen-, Janisund Bockmühle wartet ein umfangreiches Programm auf viele Besucher.
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Unser Autor ist Mitglied der Ta-seniorenredaktion