Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
Weitere Zeugenvernehmungen im Wodka-prozess
Verfahren wegen Hinterziehung von Branntweinsteuer zieht sich in die Länge. Weitere Anklagen sind möglich
Eichsfeld.
Das Verfahren gegen zwei Eichsfelder am Landgericht Mühlhausen zieht sich in die Länge. Die Anklage lautet auf Hinterziehung der Branntweinsteuer in Höhe von etwa einer halben Million Euro. Wenn der Alkohol im Inland verkauft wird, fällt die Steuer an.
Manche Zeugen müssen zum zweiten oder sogar dritten Mal aussagen, ehemalige oder aktuelle Mitarbeiter der Speditionsfirma oder der „Bärenkrone“. Die Ereignisse sollen sich von Juli bis Dezember 2010 zugetragen haben. Nach so langer Zeit erinnert sich kaum jemand an konkrete Tage oder Fakten.
Die erste Vernehmung von Mitarbeitern war 2013. Im jetzigen Prozess werden die Zeugen mit ihren damaligen Aussagen konfrontiert. Für den aufmerksamen Zuhörer sind Unterschiede zu erkennen, zwischen den Aussagen ehemaliger Mitarbeiter und denen, die noch in der Firma beschäftigt sind. Darüber ist auch der Staatsanwalt nicht gerade begeistert. Er fordert die Zeugen auf, noch einmal nachzudenken, ob die Aussagen von 2013 „noch so stimmen“. Dabei ist auch die jeweilige Arbeitsstelle wichtig. Personen, die gar nichts mit Verladung und Transport zu tun hatten, können sich zum Beispiel auch nicht an bestimmte Lkw oder fremde Fahrer erinnern. Schließlich transportierte die Firma europaweit diverse Waren und Stückgüter. Da spielten die Transporte von Alkohol nur eine untergeordnete Rolle. Manchmal wurde nur umgeladen, manchmal etwas kurzzeitig gelagert. Es gab aber auch große Behälter mit 98prozentigem Äthanol, die für die Herstellung des Wodkas aus Osteuropa beschafft worden waren. Große Container mit Osmosewasser standen in den Lagerräumen in Leinefelde.
Die Rolle des angeklagten Juniorchefs der Wodkafirma kannten manche „nur vom Erzählen“, andere wussten, dass er der Geschäftsführer war, bevor er den Betrieb an einen Armenier abgab. „Manchmal war das Lager gekrachte voll von Paletten mit Wodka, manchmal war gar nichts da“, sagt ein Mitarbeiter. Der Chef hatte erklärt, dass es sich um ein Zolllager handele. Darin könnten zollpflichtige Waren wie Alkohol und Zigaretten kurzzeitig gelagert werden. Dazu musste im Lager ein größerer Raum abgeteilt werden. Es gab kleinere Transporte nur zwischen Leinefelde und dem Sitz der Speditionsfirma.
Die Paletten mit dem Wodka wurden zwischengelagert und von größeren Transportfirmen abgeholt. Es seien auch Engländer dabei gewesen. Die hätten auch andere Alkoholika, zum Beispiel Whisky, transportiert. Nach Leinefelde wurden nur leere Flaschen gebracht.
Die Wodka-geschäfte liefen anfangs so gut, dass der Seniorchef nur noch Wodka herstellen und vermarkten wollte. Doch dann lief das Unternehmen nicht mehr. Viele leere Flaschen wurden danach entsorgt. Es fehlten teils auch Abnehmer, oder die Zwischenhändler waren unzuverlässig. Man wollte nur noch solange Wodka herstellen, bis die Rohware aufgebraucht ist. Es gab längere Produktionspausen. Dann wurden die Beschäftigten in Zwangspausen geschickt. Schuld daran sollte immer der Armenier gewesen sein. Zur Jahreswende 2010/11 trennten sich Juniorchef und neuer Geschäftsführer. Danach fuhren andere Speditionen für die Wodkafirma.
Für den Folgezeitraum ab 2011 wurde der Armenier schon in einem früheren Prozess verurteilt. Er hatte den Steuerbetrug zum Teil eingeräumt, war aber auch von Abnehmern „über den Tisch gezogen worden“. Gegen einige Zwischenhändler sind Verfahren eingeleitet. Auch andere ehemalige Mitarbeiter und Kunden der „Bärenkrone“müssen mit Anklagen rechnen. Das Thema „Wodkapanscher“mit Steuerhinterziehung wird noch einige Gerichte beschäftigen. Das Verfahren am Landgericht Mühlhausen kann sich bis zum Herbst hinziehen.
Es geht um den Zeitraum Juli bis Dezember 2010
Ominöses „Zolllager“für verschiedene Waren