Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
Besuch mit Geschmäckle
Wladimir Putin vergisst seine Freunde nicht. Das heutige Spiel zwischen Portugal und Marokko wird sich ein gewisser Joseph Blatter, geboren im schweizerischen Kanton Wallis, anschauen – auf persönliche Einladung von Russlands Präsidenten.
Ein Besuch mit Geschmäckle, immerhin war jener Joseph Blatter von 1998 bis 2016 Präsident des Fußball-weltverbandes Fifa und wurde von eben jener für sechs Jahre gesperrt. Blatter ist also eine unerwünschte Person bei der Weltmeisterschaft, was Putin wenig zu stören scheint. Der Schweizer war 2010, als die aktuelle WM vergeben wurde, noch Fifa-boss. Scheinbar hat man sich schätzen gelernt. Das verwundert wenig, damals hat sich der mittlerweile 82-Jährige wie ein Staatschef gegeben, war mit den Großen dieser Welt auf Du und Du.
Die Fifa äußert sich nicht zum Besuch, Blatter hat schließlich kein Stadionverbot, tritt in Moskau als Privatperson auf. Alles legitim. Mitnichten. Ist doch gerade Blatter zum Sinnbild dafür geworden, was so alles falsch läuft in unserer Fußball-welt. Fragwürdige Wm-vergaben, Gastgeber, denen Menschenrechte wenig wert sind, und jede Menge Korruption. Diese Themen kommen dank Blatter nun alle wieder auf den Tisch.
Und das hat die Fifa nicht gern. Der Neuanfang von Blatters Nachfolger Gianni Infantino, übrigens auch aus dem Kanton Wallis stammend, ist eher ein weiter so. Von Aufarbeitung der Blatter-ära ist nichts zu spüren. Ein glaubwürdigerer Kurs mit Blick auf die kürzliche Wm-vergabe an die USA, Mexiko und Kanada 2026 mit massiver Einmischung eines Us-präsidenten wird klaglos hingenommen, ja sogar noch unterstützt. Da offenbart der Blick auf die hässliche Vergangenheit mit Blatter die nicht minder fragwürdige Gegenwart.