Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
Der letzte große Wurf
Morgen macht die Sportabzeichentour in Erfurt halt. Volontär Norman Börner testet die Disziplinen im Vorfeld. Teil 4: Kraft
Erfurt.
Ich gebe zu, anfangs hielt ich die Idee, ohne Vorbereitung das Sportabzeichen zu erringen, für nichts weiter als einen Schaukampf. Extrablatt! Extrablatt! Nachwuchsjournalist stolpert über seine Schnürsenkel und Lebensgewohnheiten.
Doch jetzt auf dem Weg zur letzten Station brodelt der sportliche Ehrgeiz in mir. Nicht, dass er je versiegt wäre. Ich liebe den Wettkampf in Spielsportarten wie Fußball und Basketball. Aber die Leichtathletik erinnerte mich stets an neunmalkluge Sportlehrersprüche – „Es gibt kein schlechtes Wetter, nur falsche Kleidung!“– und an diese widerlichen Mathe-englischsport-alleskönner, an deren Leistungen sowieso nicht heranzukommen war.
Doch das Sportabzeichen kennt keine blöden Sprüche, und mein einziger Gegner bin ich selbst. „Unser Anspruch ist es, die Leute zum lebenslangen Sporttreiben zu animieren“, sagt Alexander Krospe vom Landessportbund. Dabei helfen die nach Altersklassen gestaffelten Leistungsanforderungen, die sogar nach Edelmetallen benannt sind. Bronze klingt einfach tausendmal besser als eine „3 -“.
Und eine Auszeichnung will ich in der Kategorie Kraft mindestens noch holen. Doch als ich die Disziplinen sehe, die erste Enttäuschung. Kein Gewichtheben, Lastwagenziehen oder Holzbretter zerdeppern? Stattdessen drückt mir Krospe einen gerade mal zwei Kilogramm schweren Medizinball in die Hand. „Ok cool, den bekomme ich locker hoch gehoben“, sage ich mit einem Augenzwinkern.
Aber in der Kategorie Kraft geht es zumeist darum, irgendwas möglichst weit weg zu stoßen oder zu werfen. Eine Kugel, einen Stein, sich selbst beim Standweitsprung oder eben besagten Medizinball. Alternativ darf auch wieder beim Geräteturnen nachgewiesen werden, dass man nichts als Pudding isst. Pardon! Ich meine selbstverständlich: Nicht aus Pudding ist.
„Das ist zu 50 Prozent eine Technikfrage“, gibt mir mein hochgeschätzter Lehrmeister Krospe mit in den Wurfkreis. Fängt der jetzt auch noch so an. Aber Sport scheint nun mal ein Minenfeld aus Floskeln und Durchhalteparolen. Ich verzeihe ihm und werfe die melonengroße Kugel im zweiten Versuch 9,50 Meter weit. Bronze!
Am Ende meines Selbstversuchs erfülle ich in zwei Kategorien die Anforderungen. In einer weiteren Disziplin schlittere ich knapp am Erfolg vorbei, und zu einer Prüfung trete ich gar nicht erst an. Durchwachsen, würde der Pessimist sagen. Darauf lässt sich aufbauen, sage ich. Denn bei allen Späßchen habe ich tatsächlich wieder Lust auf mehr Sport bekommen. Und so kann ich nur raten: Vergesst die oberschlauen Sportlehrer und ewigen Klassenbesten und kommt morgen ins Steigerwaldstadion. Blamieren kann man sich dort nun wirklich nicht. Ehrenwort! Die Anforderungen des Sportabzeichens sind in die Kategorien Ausdauer, Koordination, Kraft und Schnelligkeit eingeteilt. Aus jeder Gruppe wird eine Disziplin absolviert. Im Bereich Kraft werden am morgigen Sportabzeichentag in Erfurt Schlagball, Kugelstoßen, Medizinballwurf und Standweitsprung angeboten.
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Donnerstag bis Uhr, Steigerwaldstadion