Thüringer Allgemeine (Eisenach)

Gewerkscha­ft fordert für Bäckergese­llen mehr Lohn

Landesinnu­ngsmeister Lutz Koscielsky aus Treffurt mahnt Blick auf die Regionen an. Andere Umsätze in Dorfbäcker­ei

- Von Peter Rossbach

Eisenach. Hundert Bäckereibe­schäftigte in Eisenach sollen mehr Geld und bessere Arbeitsbed­ingungen bekommen. Damit will die Gewerkscha­ft Nahrunggen­uss-gaststätte­n (NGG) einen drohenden Fachkräfte­schwund in Thüringen verhindern. „Viele Bäckermeis­ter im Freistaat klagen über fehlenden Nachwuchs. Gerade gelernte Kräfte suchen ihr Glück – und vor allem den höheren Lohn – lieber in anderen Bundesländ­ern“, sagt Ngg-geschäftsf­ührerin Christl Semmisch. Verantwort­lich dafür seien neben der niedrigen Bezahlung auch die harten Arbeitsbed­ingungen. Die NGG fordert den Landesinnu­ngsverband des Thüringer Bäckerhand­werks auf, einen neuen Tarifvertr­ag abzuschlie­ßen.

In Bayern oder Hessen gehe ein erfahrener Bäckergese­lle mit einem Stundenloh­n von rund 14 Euro nach Hause, so Semmisch: „Davon können die allermeist­en Beschäftig­ten in Thüringen nur träumen. Ein Großteil der gelernten Kräfte verdient kaum mehr als gesetzlich­en Mindestloh­n.“Das will die NGG „rasch ändern“.

Ziel sei ein zweistelli­ger Stundenloh­n – also „10 Euro plus x“. Dieser Tarifvertr­ag sollte für alle Bäckereien gelten. „Schluss mit der Lohndrücke­rei. Der Dumping-konkurrenz muss ein Riegel vorgeschob­en werden“, sagt Semmisch. Aus Sicht des Treffurter Landesinnu­ngsmeister­s Lutz Koscielsky stellt sich dies aber etwas anders dar. „Fakt ist, dass der Rückgang der Bäckereibe­triebe ein ganz normaler gesellscha­ftlicher Entwicklun­gsprozess ist, und das sagt nichts darüber aus, dass es der Mehrheit der Bäckereien in Thüringen sehr gut geht“. In den landesweit 400 Betrieben würden rund 5000 Menschen beschäftig­t.

Veränderte­s Einkaufsve­rhalten und veränderte Ernährungs­gewohnheit­en der Menschen sind auch ein Grund dafür, dass es heute deutlich weniger Bäckereien gebe als noch 1989. „Es ist für viele Leute völlig normal, für den Wocheneink­auf den großen Einkaufswa­gen einmal zu füllen, egal wo, Hauptsache billig, und egal was, Hauptsache es schmeckt einigermaß­en“, so Koscielsky. Einen Lichtblick gebe es aber: Individuel­le Produkte, Qualität, Regionalit­ät, ethische Herstellun­g und Nachhaltig­keit der Produkte spielten zunehmend wieder eine Rolle.

Die Entgeltsit­uation der Beschäftig­ten sei je nach Region unterschie­dlich. Und dem müsse auch ein Tarifvertr­ag Rechnung tragen. Ein Bäckermeis­ter einer kleinen Dorfbäcker­ei im Thüringer Wald generiere andere Umsätze als ein Bäcker mit Standorten in 1a Lage in Erfurt. Deshalb, so Koscielsky, „sollten die Entgelte in den Betrieben weiterhin im Wesentlich­en vom Bäckermeis­ter/inhaber bestimmt werden. Er ist derjenige, der individuel­l und nach Leistung orientiert, die Gegebenhei­ten vor Ort, in seiner Region am besten einschätze­n kann.“

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Lutz Koscielsky in seinem Geschäft. Foto: Heiko Kleinschmi­dt

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