Thüringer Allgemeine (Eisenach)

Der Ruhm fällt aus

Thomas Brussig erzählt in seinem Roman „Beste Absichten“eine Geschichte aus der Zeit rund um den Mauerfall

- Von Caroline Bock

In spätestens zwei Jahren, zum 30. Jahrestag, werden sie wieder überall laufen: die Bilder vom Ende der DDR und vom Mauerfall 1989. Dazu die „Wahnsinn, Wahnsinn“-rufe der überglückl­ichen Deutschen. Oder die Szene, wie der Außenminis­ter Hans-dietrich Genscher auf dem Balkon der deutschen Botschaft in Prag seinen berühmten, vom Jubel der Ddr-bürger übertönten Satz zur Ausreise sagt. Viele Geschichte­n aus dieser Zeit sind schon erzählt worden. Zu viele?

Man muss sich einiges einfallen lassen, wenn es um dieses schöne, aber etwas durchgefle­dderte Kapitel der deutschen Geschichte geht. Thomas Brussig, geboren 1964 im Osten Berlins, schafft das. Er hat das Buch zum Kinohit „Sonnenalle­e“geschriebe­n, auch das Musical „Hinterm Horizont“mit Udo Lindenberg­s Musik mochten viele. Mit Ddr-geschichte­n unterhalte­n, ohne die Schattense­iten zu vergessen, das kann Brussig. Der Wessi lernt in seinen Büchern: In der DDR konnte man auch gute Laune haben und sich verlieben. Es war nicht alles Stasi.

In seinem neuen Roman „Beste Absichten“erzählt Brussig die Geschichte der Band „Die Seuche“. Die wäre fast, aber auch nur fast, berühmt geworden: Leider war der 10. November 1989 kein guter Tag, um in einem Ost-berliner Club aufzutrete­n. Der Ruhm fällt aus – wegen Mauerfalls.

Vorher versucht sich die Band in einer „Fresswürfe­l“genannten Gaststätte, wo sie in der Rangordnun­g noch hinter den Kellnern rangiert. Sängerin Silke trägt kein Make-up: „Lichtenber­g ist nicht Las Vegas.“Später macht die Band etwa dubiose Geschäfte mit Autos, die Ddr-bürger auf der Flucht zurücklass­en. Erzählt wird die Geschichte aus der Perspektiv­e des Managers, den die Musiker „Äppstiehn“nennen, eine Anspielung auf den Beatles-manager Brian Epstein. Dazu spielt Brussig mit echten Ddr-geschichte­n und Legenden. Vielleicht hat es eine solche Ost-band wirklich mal gegeben, zu der sogar Yoko Ono zu einem Auftritt in New York kam?

Und vielleicht gab es wirklich mal ein Mädchen, das bei der Ausreise über die Botschaft in Prag ein Meerschwei­nchen namens Schnüffi im Trabi zurücklass­en musste?

Thomas Brussig: Beste Absichten. S. Fischer-verlag, Frankfurt am Main,  Seiten,  Euro

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