BGH mit neuem Urteil zur Patientenverfügung
Richter: Auch mutmaßlicher Wille zählt
Karlsruhe. Beim Umgang mit der Patientenverfügung eines Schwerstkranken muss nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) auch dessen mutmaßlicher Wille berücksichtigt werden. Anforderungen an die Eindeutigkeit einer Verfügung dürften nicht überspannt werden, entschied der für Betreuungssachen zuständige Zivilsenat (XII ZB 604/15).
Im konkreten Fall geht es um eine Frau, die seit einem Schlaganfall im Jahr 2008 im Wachkoma liegt. Trotz Patientenverfügung lehnten es Amts- und Landgericht ab, die künstliche Ernährung einzustellen, wie es der Sohn angeregt hatte. Der Ehemann der Patientin war gegen den Abbruch. Sohn und Ehemann sind jeweils alleinvertretungsberechtigte Betreuer. Das Landgericht Landshut muss jetzt erneut entscheiden.
Die Frau hatte 1998 ein Schriftstück unterschrieben, das mit „Patientenverfügung“betitelt war. Darin legte sie fest, dass unter anderem dann, wenn wegen Krankheit oder Unfall ein schwerer Dauerschaden des Gehirns zurückbleibe, lebensverlängernde Maßnahmen unterbleiben sollten. Das Landgericht habe sich nicht ausreichend mit der Frage beschäftigt, ob daraus eine wirksame Einwilligung in den Abbruch der künstlichen Ernährung hervorgehe, entschieden die BGH-Richter.
Die Stiftung Patientenschutz begrüßt das BGH-Urteil. „Wo eine Verfügung Fragen offenlässt, muss das Dokument bei der Auslegung sorgfältig auf weitere Erklärung geprüft werden“, so der Vorsitzende Eugen Brysch. Grundsätzlich gelte: „Je konkreter eine Patientenverfügung, umso besser.“(dpa)