Thüringen-Preise für Denkmalschutz
Eine Ausstellung in Schmalkalden erzählt, warum Luther nicht zur Fußnote in der Geschichte geworden ist
Erfurt. Sieben Projekte in Thüringen werden in diesem Jahr mit dem Denkmalschutzpreis ausgezeichnet. Laut Staatskanzlei teilen sie sich das Preisgeld von insgesamt 40 000 Euro, das das Land und die Sparkassen-Kulturstiftung HessenThüringen zur Verfügung stellen. Die Auszeichnung, die besonderes Engagement beim Erhalt und der Rettung von Bau-, Kunst- und archäologischen Denkmalen würdigt, wird am 14. Juni im Angermuseum in Erfurt vergeben. Schmalkalden. Wer flucht, kommt für drei Tage in den Turm. Wer an Sonntagen während des Gottesdienstes außerhalb der Kirchen angetroffen wird, muss eine Geldstrafe zahlen. Kinder und Bettler dürfen an Hochzeitsfeiern nicht mehr teilnehmen. Auch das marktschreierische Anpreisen von Bratwürsten ist verboten.
Schmalkalden, im Jahre 1537. In den Augen der beiden die Stadt regierenden Grafen treiben es die Einwohner viel zu wild. Deshalb wollen sie die Frömmigkeit festigen. Eine Reihe an Verboten wider die losen Sitten ergeht. Die Stadt möge, so ist es das Ziel der hohen Herren, bei den hier stattfindenden Tagungen des Schmalkaldischen Bundes ein manierliches Bild abgeben.
Schmalkalden, im Jahre 2017. Eine Ausstellung auf Schloss Wilhelmsburg erzählt von jenen Tagen, die alles andere symbolisieren als eine Provinzposse. Von hier aus, von einem Städtchen im Thüringer Wald, wurde das Abendland in seinen Grundfesten erschüttert.
In der südthüringischen Stadt hatte sich einige Jahre zuvor der Schmalkaldische Bund gegründet. Freie Städte wie Hamburg, Straßburg und Frankfurt gehörten ihm an, nicht minder aber auch mächtige Fürstentümer wie Hessen, Sachsen und Württemberg. Der Bund war nichts anderes als der politische und militärische Arm der Reformation wider den katholischen Kaiser Karl V.
„Die Gründung des Schmalkaldischen Bundes ist der eigentliche Beginn der Glaubensspaltung in Europa“, sagt denn auch Kai Lehmann. „Ohne dieses Bündnis wären Luther Auf einer Fläche von rund 500 Quadratmetern hat er einen Teil der Altstadt von Schmalkalden nachbauen lassen. Wer durch die Gassen wandelt, kann nicht nur Fachwerkhäuser bestaunen, sondern darf auch eintreten. Haus um Haus wird ein neues Kapitel des Schmalkaldischen Bundes erzählt. Die Besucher sind ein wenig unterwegs wie bei einer Geisterbahnfahrt. Hinter jeder Tür wartet eine neue Überraschung auf sie. Freilich werden auf der Wilhelmsburg keine Schauergeschichten präsentiert. Hier geht es einzig und allein um tatsächliche Geschichte. Es geht um den rechten Glauben, es geht um Krieg, es geht ums Alltagsleben, es geht um die Liebe – und letztlich um Verrat.
Ausgerechnet der Landgraf von Hessen als einer der beiden Hauptleute des reformatorischen Bundes und zugleich Herr über Schmalkalden diente sich dem verfeindeten Kaiser an. 1541 schlossen beide einen Geheimvertrag. Landgraf Philipp verpflichtete sich, die europäische Erweiterung des Bundes zu hintertreiben. Im Gegenzug verzieh ihm der Kaiser „alles und jedes“, was der Landgraf bisher gegen das kaiserliche Gesetz verbrochen hatte.
Alles und jenes, das meinte vor allem eines: Philipp hatte, obwohl er 1547 kommt es zur Entscheidungsschlacht an der Elbe. Der Schmalkaldische Bund wird vernichtend geschlagen. Landgraf Philipp muss für fünf Jahre in Haft. Die Ausstellung freilich erzählt: Trotz der militärischen Niederlage war die Reformation mittlerweile so weit gediehen, dass ihr Gedankengut nicht mehr aufzuhalten war.
Im Jahr des 500. Reformationsjubiläums steht die Schmalkaldener Ausstellung naturgemäß im Schatten der großen Schauen auf der Wartburg und in Wittenberg. Umso mehr überrascht, dass ein kleines Team eine derart bildgewaltige wie feinsinnige Präsentation realisieren konnte.
Irgendwie erinnert die Ausstellung auch damit an die Zeit vor 500 Jahren. Ein Städtchen, das aus der Perspektive der meisten Thüringer hinterm Rennsteig liegt und damit hinter den sprichwörtlichen sieben Bergen, sorgt für gehöriges Aufsehen.
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