„Diese Gewalt hat uns überrascht“
Die Stadt wird die eklatanten Sicherheitsmängel an der Multifunktionsarena bis Anfang 2018 beseitigen
Erfurt. „Wir haben verstanden“. Mit diesem Satz unterstrich OBSprecher Henry Köhlert gestern den Willen der Stadt, die eklatanten Sicherheitsmängel in der Multifunktionsarena, auf die diese Zeitung Anfang Februar nach Ausschreitungen von Fans aufmerksam gemacht hatte, abzustellen. „Die Gewalt bei diesem Spiel hat uns überrascht“, so Köhlert. Die Zwischenfälle beim Spiel des FC Rot-Weiß gegen den FSV Frankfurt am 4. Februar war es Gästefans, unter die sich auch Jenaer gemischt hatten, gelungen, ein Tor hinter dem Gästebereich aufzubrechen. Nur mit Hilfe mehrere Security-Mitarbeiter war ein Durchbruch verhindert worden.
Einmal auf Sicherheitsmängel aufmerksam geworden, fanden sich mit Hilfe des damaligen RWE-Sicherheitschefs Andreas Nichelmann weitere Schwachstellen. So waren Freiflächen nicht befestigt sondern mit Splitt aufgeschüttet worden. Grobe Stücke darin konnten als Wurfgeschosse benutzt werden.
„Was in der Theorie gut aussieht, funktioniert nicht unbedingt in der Praxis“, so Christian Fothe, der Prokurist der Arena. Fothe wies aber auch darauf hin, dass Vergleiche mit der Sicherheit in den Stadien von Halle oder Magdeburg nicht hilfreich seien, da es sich dort um reine Fußballstadien, in Erfurt aber um eine Multifunktionsarena handle. Dennoch werde man am Samstag die Gelegenheit des Auswärtsspiels des FC Rot-Weiß in Magdeburg nutzen, um sich dort vor Ort ein Bild von den Sicherheitseinrichtungen zu machen. Die Magdeburger hatten Schwachstellen, die denen in Erfurt ähnlich sind, nachgebessert.
Im Erfurter Rathaus hingegen hatte sich die Sportbeigeordnete Kathrin Hoyer (B90/Grüne) lange dagegen gesträubt, Nachbesserungen an den Sicherheitseinrichtungen im Stadion vornehmen zu lassen. Ihr Argument: Man habe schließlich ein Stadion und kein Hochsicherheitsgefängnis wie Alcatraz bauen lassen. Auch der Chef des Erfurter Sportbetriebes, Jens Batschkus, hatte noch im Februar keinerlei Notwendigkeit für Nachbesserungen gesehen. Sein Tenor: Wir haben alles richtig gemacht. In einer Stellungnahme hatte er u.a. erklärt, das Tor habe doch, wie im DFB-Stadionhandbuch gefordert, dem Druck von Menschenmassen standgehalten. Nur eben nicht dem Rütteln durch die Fans aus Frankfurt und Jena.
An anderen Stellen im Rathaus sei aber sofort nach dem besagten Spiel am 4. Februar klar gewesen, dass unbedingt etwas getan werden müsse, so der Vertraute des Erfurter Oberbürgermeisters. Und deshalb werde jetzt gehandelt. Köhlert: „Die Sicherheit der Besucher geht vor.“
Die Freiflächen werden eine Veränderung erfahren. Eine eigene Kanalisation zu legen, wäre aber finanziell nicht zu stemmen gewesen, so Köhlert. Das Regenwasser von den Dächern müsse aber abgeführt werden. Daher greife man nun zu einer besonderen Technologie. Es wird ein spezielles Drainagepflaster verlegt, in dem das Wasser versickern kann. Die genauen Kosten dafür seien noch unklar. Aber man schätzt, dass sie im unteren sechsstelligen Bereich liegen werden. Finanziert wird die Drainage aus Geldern, für die Sanierung der Westtribüne, die vorerst kein Thema mehr ist. Die Mittel stünden aber schon bereit, würden nun eben anderweitig – eben für das Drainagepflaster – verwendet.
Auch die Tore werden verändert. „Die, die Köster gebaut hat, taugen nicht für die Aufgabe, die sie zu bewältigen haben, wie sich herausgestellt hat“, sagt Christian Fothe. Man brauche Tore, die dem Druck von Menschenmassen standhalten, im Bedarfsfall aber auch schnell zu öffnen sind. Was aber nicht zusammenpasse. Deswegen komme das Rettungswegekonzept nochmals auf den Prüfstand. Tore, die Fangruppierungen voneinander trennen sollen, etwa zehn, werden demnach massiv verstärkt. Dafür werde die Anzahl der Rettungswege im Gegenzug erhöht, so Köhlert.
Zusätzlich werden die Kioske in den Fanbereichen vergittert, um Übergriffe, wie andernorts bereits mehrfach geschehen, zu verhindern. Bereits jetzt weigere sich der Erfurter Caterer wegen Sicherheitsbedenken, beim Thüringenderby am 9. September die Jena-Fans zu versorgen.
Bis dahin schätzt Christian Fothe aber, würden die Gitter montiert sein. Die Kosten übernimmt die Arena. Die Arbeiten an den Toren bzw. den Freiflächen sollen möglichst bis Anfang 2018 – zum Spiel gegen den 1. FC Magdeburg am 20. Januar – abgeschlossen werden.