Attraktive Komposition eines oft verkannten Genies
Ein junger Organist aus Waltershausen und ein professionelles Flötenduo gestalteten den Orgelsommer in einer anheimelnd kleinen Kirche
Kornhochheim. Auch dieses Jahr machte der Thüringer Orgelsommer Station in der anmutigen Kirche Kornhochheims. An der 1745 von Johann Stephan Schmaltz, einem gebürtigen Wandersleber, erbauten Orgel war Tom Anschütz zu hören. Der aus Waltershausen stammende Hallenser Kirchenmusikstudent, einst in seiner Heimat Schüler von Kirchenmusikdirektor Theophil Heinke, spielte Werke von Johann Ludwig Krebs, Johann Sebastian Bach, Johann Pachelbel und Max Reger.
Ausgestattet mit einem Manual und Pedal, überrascht das kleine Instrument mit nur neun Registern durch seine Bandbreite von lieblich-intimem bis zu raumfüllend-festlichem Klang, was gleich zu Beginn die vier kurzen Präludien von Krebs anschaulich demonstrierten.
Aber auch in Bachs drei Choralvorspielen zu „Wer nur den lieben Gott lässt walten“(BWV 691, 690, 642) war die Ausdrucksvielfalt des Instruments zu erleben. In seinem Choralvorspiel „Erbarm dich mein, o Herre Gott“freilich konnte sich die Melodiestimme nicht so recht gegen den dominanten Bass durchsetzen.
Sehr schön dann Pachelbels Partita über „Werde munter, mein Gemüt“, die mit leuchtenden Klangfarben daherkam und das lustige Klimpern des Zimbelsterns noch obenaufsetzte. Zum Schluss bewies Tom Anschütz, dass man auf der kleinen Orgel unter Umständen selbst einen Reger ansprechend interpretieren kann – in diesem Fall war es das Vorspiel zu Martin Luthers Reformationschoral „Ein feste Burg“aus seinem Opus 135a.
Für kontrastreiche Abwechslung sorgten Ulrike Wolf und Johanna Baumgärtel aus Leipzig als „Duo Traverso e dolce“. Der Name leitet sich von der Traversflöte her, der klappenlosen Vorläuferin der modernen Querflöte, und dem Flauto dolce, als Blockflöte bekannt. Spieltechnisch auf virtuoser Höhe, stilistisch authentisch und in der musikalischen Ausdeutung ausgesprochen sensibel interpretierten sie Werke von Georg Philipp Telemann, Jacob van Eyck, Pierre Danican Philidor und Wilhelm Friedemann Bach. Von Telemann gab es die Sonate 1 für zwei Traversflöten. Van Eycks Variationen über den LutherChoral „Vater unser im Himmelreich“(Onse Vader in Hemelryck) hatten die Musikerinnen selber für Sopran- und Altblockflöte bearbeitet. Die 3. Sonate für zwei Traversflöten vom Franzosen Philidor glänzte besonders durch den galanten Grundgestus und die lebendige Leichtigkeit des Spiels.
Ein letztes Mal beeindruckte das Flötenduo die Hörer mit einem Duett in G-Dur aus den selten zu hörenden „6 Sonaten für 2 Flöten“vom Bach-Sohn Wilhelm Friedemann: klangschöne, strukturell einfallsreiche und anheimelnd gesangliche Musik eines oft verkannten Komponisten.