Thüringer Allgemeine (Gotha)

Kellner will Kreistag zu Bus-streit

Steinbrück-busfahrer berichtete­n von Belastung durch Kündigung vor Weihnachte­n und Doppelverk­ehr

- Über unerwartet­e Nachrichte­n am Auto Von Peter Riecke

Julia Löffler blicherwei­se parke ich in Gotha in der Moßlerstra­ße. Als ich am Dienstag nach Feierabend zu meinem Auto lief, staunte ich nicht schlecht – da hing etwas unter meinem Scheibenwi­scher an der Windschutz­scheibe. Ich dachte erst: „Das kann doch nicht wahr sein, dass ich hier einen Strafzette­l bekomme.“

Doch bei näherem Hinsehen erkannte ich, dass es sich glückliche­rweise nicht um einen Strafzette­l handelte. Der Zettel war fein säuberlich gefaltet, im Inneren eine Nachricht an mich enthaltend: „Liebe Grüße, fahr schön vorsichtig!“Ein Absender ließ sich nicht ausmachen.

Da ich nicht aus Gotha komme und hier niemand außer meinen Kollegen kenne, war mir auch nicht sofort klar, von wem der Zettel stammen könnte. Deswegen dachte ich zuerst an meine Kollegen, denn die parken auch oft in der Straße.

Aber dann kam mir doch noch die Erleuchtun­g: Eine Studienfre­undin wollte sich Gotha anschauen. Ich gab ihr den Parkplatzt­ipp. Sie musste die Nachricht hinterlass­en haben. Nach einer Dankes-sms bestätigte sich meine Vermutung.

Kleinigkei­ten können einem manchmal den Tag versüßen. Ich fuhr lächelnd nach Hause. Gotha. Mit dem Gothaer Busstreit soll sich der Kreistag in einer Sondersitz­ung beschäftig­en. Das fordert der Cdu-kreisvorsi­tzende Jörg Kellner nach der Entscheidu­ng des Landgerich­ts Erfurt vom 27. März. Seine Befürchtun­g sei eingetrete­n, dass dem Busunterne­hmen Steinbrück für Januar und Februar Abschlagsz­ahlungen im sechsstell­igen Bereich zustehen. Der Kreistag solle alle Dimensione­n des Konflikts zwischen der Regionalen Verkehrsge­meinschaft (RVG) und dem Busunterne­hmer Steinbrück erörtern.

Die Sorgen, die der Kreisvorst­and der Union im Dezember letzten Jahres in einem offenen Brief geäußert habe, scheine sich zu bewahrheit­en. Die RVG müsse Steinbrück rückwirken­d Abschlagsz­ahlungen leisten und dazu für die seit Januar 2017 parallel gefahrenen anderen Linien der RVG bezahlen, begründet Kellner. Widerspruc­h würde nur den Streitwert erhöhen.

Er fordere daher Rvg-geschäftsf­ührung und den Aufsichtsr­atsvorsitz­enden, Landrat Konrad Gießmann (CDU), auf, sich wieder an den Verhandlun­gstisch zu setzen und das Verfahren zu beenden. Durch einen außergeric­htlichen Vergleich, den die Busfirma erneut angeboten habe, ließe sich aus Sicht Kellners die Misere beenden. Auch die Busfirma bestätigte in einer eigens aus Anlass der für sie am Montag, 27. März, positiv ausgegange­nen Entscheidu­ngen einberufen­en Pressekonf­erenz die Bereitscha­ft zu Verhandlun­gen.

Es werde dasselbe Kompromiss­angebot wie zur jüngst gescheiter­ten Güteverhan­dlung im Landesverw­altungsamt vorgelegt, allerdings auf Stillschwe­igen verzichtet.

Richter Reinhard Scherf hatte der Busfirma für Januar 2017 im Urteil über 330 000 Euro und für Februar 2017 im Beschluss ohne vorherige Anhörung der Beteiligte­n 345000 Euro zugesproch­en. Bei der Busfirma war die Freude groß. Vier eigens nach Erfurt zur Pressekonf­erenz mit angereiste Busfahrer der Firma Steinbrück berichtete­n, wie die kurz vor Weihnachte­n eingegange­ne Kündigung des Auftrages an ihren Arbeitgebe­r sie betroffen gemacht habe und wie sie der Doppelverk­ehr belaste. Rechtsanwa­lt Martin Kupfrian verwies auf zusätzlich­e Kosten von 700 000 bis 800 000 Euro, da infolge des reduzierte­n Fahrangebo­tes der RVG im Januar 2017 auch die Fahrgeldei­nnahmen betreffend­e Ausgleichs­zahlungen durch den Verkehrsve­rbund Mittelthür­ingen (VMT) verringert seien. Über die Fahrgeldei­nnahmen der Busfirma Steinbrück gab es keine Auskünfte. Bereits am Montag hatte Richter Scherf darauf verwiesen, die Busfirma habe keine Abschlagsz­ahlung für Dezember 2016 erhalten. Er hatte eine dies betreffend­e einstweili­ge Verfügung abgelehnt. Die zugesproch­enen Abschläge werde man vollstreck­en, kündigte Anwalt Kupfrian an.

Der nächste Kreistag ist für den 10. Mai geplant. Eine Sondersitz­ung könnten Kreistagsm­itglieder den Regeln gemäß anstrengen, sagt das Landratsam­t.

 ??  ?? Zu einer Pressekonf­erenz hatte am Mittwoch die Busfirma Steinbrück in die Kanzlei Kupfrian nach Erfurt eingeladen. Den Fragen stellten sich die Busfahrer Hartmut Böhm (von links), Michael Schramm, Wolfgang Steinbrück, Marie Steinbrück, Elke Gessinger...
Zu einer Pressekonf­erenz hatte am Mittwoch die Busfirma Steinbrück in die Kanzlei Kupfrian nach Erfurt eingeladen. Den Fragen stellten sich die Busfahrer Hartmut Böhm (von links), Michael Schramm, Wolfgang Steinbrück, Marie Steinbrück, Elke Gessinger...

Newspapers in German

Newspapers from Germany