Kellner will Kreistag zu Bus-streit
Steinbrück-busfahrer berichteten von Belastung durch Kündigung vor Weihnachten und Doppelverkehr
Julia Löffler blicherweise parke ich in Gotha in der Moßlerstraße. Als ich am Dienstag nach Feierabend zu meinem Auto lief, staunte ich nicht schlecht – da hing etwas unter meinem Scheibenwischer an der Windschutzscheibe. Ich dachte erst: „Das kann doch nicht wahr sein, dass ich hier einen Strafzettel bekomme.“
Doch bei näherem Hinsehen erkannte ich, dass es sich glücklicherweise nicht um einen Strafzettel handelte. Der Zettel war fein säuberlich gefaltet, im Inneren eine Nachricht an mich enthaltend: „Liebe Grüße, fahr schön vorsichtig!“Ein Absender ließ sich nicht ausmachen.
Da ich nicht aus Gotha komme und hier niemand außer meinen Kollegen kenne, war mir auch nicht sofort klar, von wem der Zettel stammen könnte. Deswegen dachte ich zuerst an meine Kollegen, denn die parken auch oft in der Straße.
Aber dann kam mir doch noch die Erleuchtung: Eine Studienfreundin wollte sich Gotha anschauen. Ich gab ihr den Parkplatztipp. Sie musste die Nachricht hinterlassen haben. Nach einer Dankes-sms bestätigte sich meine Vermutung.
Kleinigkeiten können einem manchmal den Tag versüßen. Ich fuhr lächelnd nach Hause. Gotha. Mit dem Gothaer Busstreit soll sich der Kreistag in einer Sondersitzung beschäftigen. Das fordert der Cdu-kreisvorsitzende Jörg Kellner nach der Entscheidung des Landgerichts Erfurt vom 27. März. Seine Befürchtung sei eingetreten, dass dem Busunternehmen Steinbrück für Januar und Februar Abschlagszahlungen im sechsstelligen Bereich zustehen. Der Kreistag solle alle Dimensionen des Konflikts zwischen der Regionalen Verkehrsgemeinschaft (RVG) und dem Busunternehmer Steinbrück erörtern.
Die Sorgen, die der Kreisvorstand der Union im Dezember letzten Jahres in einem offenen Brief geäußert habe, scheine sich zu bewahrheiten. Die RVG müsse Steinbrück rückwirkend Abschlagszahlungen leisten und dazu für die seit Januar 2017 parallel gefahrenen anderen Linien der RVG bezahlen, begründet Kellner. Widerspruch würde nur den Streitwert erhöhen.
Er fordere daher Rvg-geschäftsführung und den Aufsichtsratsvorsitzenden, Landrat Konrad Gießmann (CDU), auf, sich wieder an den Verhandlungstisch zu setzen und das Verfahren zu beenden. Durch einen außergerichtlichen Vergleich, den die Busfirma erneut angeboten habe, ließe sich aus Sicht Kellners die Misere beenden. Auch die Busfirma bestätigte in einer eigens aus Anlass der für sie am Montag, 27. März, positiv ausgegangenen Entscheidungen einberufenen Pressekonferenz die Bereitschaft zu Verhandlungen.
Es werde dasselbe Kompromissangebot wie zur jüngst gescheiterten Güteverhandlung im Landesverwaltungsamt vorgelegt, allerdings auf Stillschweigen verzichtet.
Richter Reinhard Scherf hatte der Busfirma für Januar 2017 im Urteil über 330 000 Euro und für Februar 2017 im Beschluss ohne vorherige Anhörung der Beteiligten 345000 Euro zugesprochen. Bei der Busfirma war die Freude groß. Vier eigens nach Erfurt zur Pressekonferenz mit angereiste Busfahrer der Firma Steinbrück berichteten, wie die kurz vor Weihnachten eingegangene Kündigung des Auftrages an ihren Arbeitgeber sie betroffen gemacht habe und wie sie der Doppelverkehr belaste. Rechtsanwalt Martin Kupfrian verwies auf zusätzliche Kosten von 700 000 bis 800 000 Euro, da infolge des reduzierten Fahrangebotes der RVG im Januar 2017 auch die Fahrgeldeinnahmen betreffende Ausgleichszahlungen durch den Verkehrsverbund Mittelthüringen (VMT) verringert seien. Über die Fahrgeldeinnahmen der Busfirma Steinbrück gab es keine Auskünfte. Bereits am Montag hatte Richter Scherf darauf verwiesen, die Busfirma habe keine Abschlagszahlung für Dezember 2016 erhalten. Er hatte eine dies betreffende einstweilige Verfügung abgelehnt. Die zugesprochenen Abschläge werde man vollstrecken, kündigte Anwalt Kupfrian an.
Der nächste Kreistag ist für den 10. Mai geplant. Eine Sondersitzung könnten Kreistagsmitglieder den Regeln gemäß anstrengen, sagt das Landratsamt.