VFL Wolfsburg zittert vor der Relegation gegen Braunschweig
Das 1:2 gegen den Hamburger SV war der Tiefschlag. Trainer Andries Jonker ist nun als Psychologe gefragt
Wolfsburg. Den etwa 50 Fans, die sich gestern Vormittag zum allsonntäglichen Auslaufen der Vfl-profis eingefunden hatten, bot sich gegen 12 Uhr ein Moment der Extreme. Während auf der einen Seite Wolfsburgs Fußballerinnen bester Laune vorbeispazierten, um ihre Beine für die letzte Saisonpartie zu lockern, nach der die Meisterfeier anstand, schleppten sich auf der anderen ihre männlichen Vflpendants über den Trainingsplatz – mit der bitteren Gewissheit, noch zwei Spiele vor der Brust zu haben. 180 Minuten Existenzkampf in der Relegation – und das gegen den Nachbarn aus Braunschweig.
Das Spiel gegen Hamburg hat Kraft gekostet
Das Spiel tags zuvor in Hamburg, dessen Dramaturgie preisverdächtig war, hat viel gekostet. Nicht körperliche Kraft, sondern vielmehr mentale ging verloren beim 1:2 im Volkspark. Die Zweifel wachsen im Team, das sich seit Monaten auf seine angeblich so hohe Qualität im Kader verlässt, aber in den entscheidenden Phasen ebenjene nicht abrufen kann. Das Wolfsburger Problem liegt gar nicht so sehr in den Füßen, sondern in den Köpfen. Und diese müssen nach dem 1:2 in Hamburg eine weitere Leidensgeschichte verarbeiten.
„Wir hatten 30 Minuten lang ein perfektes Auswärtsspiel gemacht“, sagte Angreifer Mario Gomez. Doch dann erzielte der HSV wie aus dem Nichts das 1:1 durch Filip Kostic. Und das Tor reichte, dass die Organisation des Vfl-teams wie ein Kartenhaus, in dem nur eine Karte gelockert wurde, in sich zusammenfiel. „Das ist der Punkt, warum wir unten stehen. Wenn der Kopf dazukommt, fällt uns das Fußballspielen nicht mehr so leicht“, erklärte Gomez. Weil in der 88. Minute Luca Waldschmidt sogar noch das 2:1 für den HSV köpfte, schlichen die Wolfsburger wie paralysiert in die Kabine.
Andries Jonker ist jetzt als Psychologe gefragt. Er und sein Team müssen bis Donnerstag in die Köpfe der verunsicherten Spieler kommen, damit der Mut den Zweifel wieder schlägt. Er habe bereits erste positive Schritte wahrgenommen. „Die Mannschaft hat schon wieder kämpferisch gewirkt“, versichert er nach der Analyse der Hamburg-pleite.
Doch der Niederländer will auf Nummer sicher gehen vor den Alles-oder-nichts-spielen gegen die Eintracht. In Absprache mit seinen Trainerkollegen, Manager Olaf Rebbe und den Spielern hat Jonker nun ein Kurztrainingslager anberaumt.
Das beginnt heute. Der VFL reist nach De Lutte in den Niederlanden, um sich dort ungestört aufzurichten. Denn nicht nur die vergangenen Monate, auch der Relegationsgegner hat tiefe Wunden in den Wolfsburger Köpfen hinterlassen.
Im Oktober 2013 bejubelte die Eintracht einen 2:0-Sieg in der Vw-arena. Vfl-co-trainer war damals: Jonker. „Es ist ein großes Spiel mit großen Emotionen. Die Spieler, die dabei waren, haben es nicht vergessen. Und die Neuzugänge werden informiert“, sagt er vor der wichtigsten Woche der Vereinsgeschichte.