Größter Landschaftscross Europas begrüßt zur 45. Auflage 15 829 Läufer und Wanderer. Marathon-sieg
Auf den Leipziger Maik Willbrandt lag der gebürtige Friedrichrodaer ganz klar vorn. Der favorisierte Vorjahresgewinner Marc Schulze beendete bei Kilometer 54,7 nach der Zwischenzeitnahme am Grenzadler das Rennen vorzeitig. Dabei hatte der Dresdner erst im
Gerald Müller
Der Song durfte nicht fehlen: „Tage wie diese“– der stimmungsvolle Hit der „Toten Hosen“klang aus den Lautsprecher-boxen, als die jeweiligen Rennsteiglaufsieger die Ziellinie in Schmiedefeld überquerten.
Doch normalerweise hätte der Titel als Belohnung für alle in Dauerschleife gespielt werden können. Denn Tausende, die Minuten, ja manchmal sogar Stunden später ankamen, durften sich genauso als Gewinner fühlen. Und viele ließen den Glücksgefühlen verdientermaßen freien Lauf, wobei es natürlich auch Emotionen der Enttäuschungen gab. Doch die so unterschiedlichen Welten in unmittelbarer Nähe gehören zum Sport und so zum Rennsteiglauf, der zugleich ein Volksfest ist.
Sein Mythos resultiert zudem aus der Mischung von viel Tradition, leidenschaftlicher Organisation, anspruchsvollen Wegen, traumhafter Landschaft, liebevoller Betreuung, ständiger Anfeuerung und ausgelassener Stimmung. Thüringen ist vor und beim Rennsteiglauf in beachtlicher Bewegung.
Er wurde seinem Ruf als faszinierendes Ereignis mit unverwechselbarer Atmosphäre wiederum gerecht. Die Popularität reicht in der Laufszene mittlerweile weit über die deutschen Grenzen hinaus. Und dass sich die Sonne nach dem Regen der Nacht viel gezeigt hat, wirkte dabei wie ein zusätzliches Dankeschön für die unermüdliche Arbeit der Organisatoren.
Sie stoßen zwar immer wieder an Grenzen des Machbaren, beispielsweise beim Transport und Parken, doch die Probleme verlieren sich in der Begeisterung. An Tagen wie diesen. Schmiedefeld. Auf dem Zielstrich ballte Marcel Krieghoff die Faust, kurz dahinter sank er erschöpft zu Boden und brauchte ein paar Minuten, um sich zu erholen. „Die zweite Hälfte war richtig, richtig hart. Aber es war eben ein Rekordlauf“, sagte der Marathon-gewinner, der nicht nur seinen zweiten Triumph auf dieser Strecke beim größten Crosslauf Europas feierte, sondern auch gleich die 16 Jahre alten Bestzeit auf der Marathondistanz verbesserte. „Ich wollte unter 2:36 Stunden bleiben. Dass mir das gelungen ist, darüber bin ich sehr glücklich“, sagte Krieghoff, der nach 2:34:22 Stunden triumphierte und euphorisch wurde: „Das war der beste Lauf meines Lebens.“
Der 33-Jährige aus Bad Langensalza ist in bestechender Form und wurde – wie passend – ein paar Tage vor dem Rennsteiglauf durch die Berufung für die Berglauf-wm im August in Italien zusätzlich beflügelt. „Mit dieser Leistung habe ich gezeigt, dass ich die Nominierung verdient habe“, sagte der Läufer vom SC Impuls Erfurt, der vom Start weg in Neuhaus an der Spitze lag. Auf die Radbegleitung durch den mehrfachen Rennsteiglaufgewinner Marcel Bräutigam verzichtete der Triumphator dann aber doch. „Wir wollten erst gar keine Diskussionen aufkommen lassen, dass mir Marcel vielleicht zusätzlich Getränke reicht oder Windschatten bietet“, sagte Krieghoff. Bräutigam, der wegen Beckenproblemen derzeit mit dem Laufen pausieren muss, schwang sich trotzdem auf das Rad und absolvierte die Strecke sozusagen als rasender Reporter. „Ich habe unterwegs Bilder geschossen und Zwischenzeiten geliefert. Das hat richtig Spaß gemacht“, sagte der 29-Jährige.
Als Krieghoff das Ziel erreichte, hatte sich ein paar Minuten zuvor Frank Merrbach erstmals zum König des Rennsteigs gekrönt. Der Streckenrekord von Christian Seiler, der 2014 in sagenhaften 4:50:55 Stunden gesiegt hatte, blieb zwar unangetastet. Aber mit einem Vorsprung von fast zehn Minuten Bei den Frauen triumphierte indes Melanie Albrecht aus Waldau und überraschte sich damit selbst ein wenig. Einst lebte sie in Oberhof, startete dort als Skilangläuferin für den WSV und nebenbei auch dreimal beim Junior-cross des Rennsteiglaufes. Nun absolvierte sie erstmals einen Ultra-marathon über diese Distanz und schien schon nach 20 Kilometern geschlagen. „Ich hatte Magenprobleme und musste mich übergeben. Ich habe schon daran gedacht, auszusteigen“, sagte die 21-Jährige, die sich von nun an mit Wasser und Bananen kräftigte. „Die letzten Kilometer waren ganz schön hart“, sagte Albrecht.
Diese Erfahrung hat auch Daniela Oemus auf der Marathonstrecke gemacht. Die Titelverteidigerin auf dieser Distanz ist in diesem Jahr noch nicht richtig in Schwung gekommen und hatte überlegt, erst gar nicht anzutreten. „Ich wollte aber nicht kneifen“, sagte die Jenaer Ärztin: „Bei Kilometer 25 hatte ich einen Einbruch, aber ich wollte nicht aussteigen“, sagte die Läuferin vom SV Blau-weiß Bürgel.
Nicht zu schlagen war diesmal Nora Kusterer, die den Marathon trotz der Strapazen regelrecht zu genießen schien. „Bei dieser Stimmung an der Strecke nimmt man die Schmerzen gerne in Kauf“, sagte die Darmstädterin, die ihren Sieg von 2015 wiederholte, in 2:54:00 Stunden ihren eigenen Streckenrekord um mehr als sieben Minuten verbesserte und damit als erste Frau am Rennsteig unter drei Stunden blieb. Den dritten Platz eroberte Marie Brückner vom USV Erfurt, die nach 3:10:47 Stunden das Ziel erreichte.
Einen neuen Sieger gab es auch auf der kurzen Distanz. Fast anderthalb Minuten Vorsprung auf den Zweitplatzierten sind viel bei einem Halbmarathon.
Bräutigam verzichtet auf Radbegleitung
Als die Sieger längst ihre Taschen gepackt hatten, passierten die anderen wackeren Rennsteigläufer das Ziel in Schmiedefeld – und durften sich als Gewinner fühlen. Mit 15829 gestarteten Läufern und Wanderern reichte die 45. Auflage fast an das Rekordergebnis des Vorjahres mit 16 412 Aktiven heran. 1700 ehrenamtliche Helfer aus 30 Vereinen und Tausende von Zuschauern an den Strecken sorgten für emsiges Treiben im Thüringer Wald. Nur die Bergwacht und das medizinische Personal hatten so wenig zu tun wie selten beim Rennsteiglauf. Es war eine gute Nachricht, die den gelungenen Tag krönte.
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Mehr Bilder unter: www.thueringerallgemeine.de/sport Dichtes Gedränge: Beim Start der Marathonläufer in Neuhaus am Rennweg herrschte bei pe mung. Aktive zwängten sich dort durch das Startportal.