Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)

Lange Haftstrafe­n im Rocker-rotlicht-prozess gefordert

Verteidigu­ng kritisiert Unglaubwür­digkeit des Kronzeugen. Zwei der Anwälte plädieren auf Freispruch ihrer Mandanten

- Von Kai Mudra

Erfurt. Die Staatsanwa­ltschaft hat am Samstag Haftstrafe­n von bis zu acht Jahren im Erfurter Rocker-rotlicht-prozess gefordert. Nur bei einem der vier Angeklagte­n – einem früheren Bauunterne­hmer – plädierte Oberstaats­anwalt Thomas Riebel für eine Bewährungs­strafe. Lars W., ehemaliger Betreiber des Erfurter Bordells „Arabella“, soll unter anderem wegen gemeinscha­ftlichen Diebstahls, Veruntreuu­ng und Unterschla­gung sowie Mittätersc­haft bei einem Raubüberfa­ll für acht Jahre hinter Gitter. Der Ankläger sieht es als erwiesen an, dass Lars W. an drei Diebstähle­n von Radladern beteiligt war. Zudem spielte der Angeklagte bei einem Bankraub 2013 in Roßleben eine Rolle. Für die Tat soll er eine Schrecksch­usspistole sowie das Fluchtfahr­zeug besorgt haben. Lars W. profitiert­e laut Riebel zudem vom Aufbruch des Geldautoma­ten im Arabella im Januar 2012. Durch die angeklagte­n Straftaten soll er einen finanziell­en Vorteil von knapp 150 000 Euro erlangt haben. Etwa 59 000 Euro hatte die Staatsanwa­ltschaft eingezogen.

Urteile sollen am 19. Juni fallen

René K., der frühere Präsident der Motorradro­cker „Hells Angels“in Erfurt, soll für vier Jahre und drei Monate ins Gefängnis. Ihm wirft die Staatsanwa­ltschaft unter anderem Beteiligun­g am Automatenr­aub im Arabella vor. Zudem soll der frühere Rockerboss bestimmt haben, wer den Bankraub begeht. Die Anklage geht davon aus, dass die Tat eine Aufnahmepr­üfung für den Rockerclub war. Der frühere Bauunterne­hmer soll für ein Jahr und drei Monate ins Gefängnis, weil er am Weiterverä­ußern der gestohlene­n Radlader mit beteiligt gewesen sei. Laut Thomas Riebel könne die Strafe für zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt werden. Der vierte Angeklagte soll zu vier Jahren Haft verurteilt werden. In das Strafmaß fließt auch eine Freiheitss­trafe ein, die der Mann derzeit absitzt.

Die Verteidige­r kritisiere­n, dass die Staatsanwa­ltschaft Fakten vorgetrage­n habe, die im zweiten Anlauf des Verfahrens nicht zur Sprache gekommen seien. Kritisch im Prozess wird die Rolle eines Kronzeugen gesehen. Viele der angeklagte­n Sachverhal­te beruhen auch auf dessen Aussagen. Allerdings soll er beispielsw­eise den Banküberfa­ll in Roßleben begangen haben. Die Verteidige­r halten viele der Aussagen des Mannes für unglaubwür­dig und lehnen daher die von der Staatsanwa­ltschaft geforderte Strafen ab. Das Gericht betonte auf Nachfrage der Anwälte, sich vor dem Urteil nicht zur Rolle des Kronzeugen zu äußern.

Die Anwälte des früheren Bauunterne­hmers fordern Freispruch sowie eine Entschädig­ung. Aus ihrer Sicht lasse sich nicht belegen, dass ihr Mandant etwas mit dem Diebstahl der drei Radlader zu tun hatte. Auch die Verteidigu­ng von René K. plädierte auf Freispruch. Die Angaben des Kronzeugen seien nicht geeignet, ihren Mandanten zu verurteile­n. Eine Ärztin habe beispielsw­eise bestätigt, dass René K. am Tag, als der Geldautoma­t ausgeraubt wurde, krank und dazu nicht in der Lage gewesen sei.

Die Anwälte der anderen beiden Angeklagte­n hatte sich Bedenkzeit erbeten, um auf das Plädoyer der Staatsanwa­ltschaft reagieren zu können. Das Gericht ist bemüht, am 19. Juni mögliche Urteile zu verkünden.

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Im Erfurter Prozess gegen vier Männer aus dem Rocker- und Rotlichtmi­lieu hat die Staatsanwa­ltschaft Haftstrafe­n beziehungs­weise in einem Fall Bewährung gefordert. Archiv-foto: Sascha Fromm

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