Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)

Schulz versucht Neustart mit positiven Tönen

Spd-kanzlerkan­didat setzt auf Pro-europa-wahlkampf

- Von Christian Kerl

Berlin. Fast klingt es so, als habe es den Dämpfer für Martin Schulz und seine SPD gar nicht gegeben. Der Kanzlerkan­didat wird mit minutenlan­gen „Martin, Martin“-rufen empfangen, viele der Genossen beim Landespart­eitag der bayerische­n SPD in Schweinfur­t schwenken rote Spd-fahnen zur Begrüßung. Es ist der erste große Auftritt des Parteichef­s nach der verlorenen NRW-WAHL, aber jetzt gibt es von Depression keine Spur.

Kaum hat Schulz seine Rede begonnen, donnert er seinen Anspruch in den Saal, die SPD solle bei der Bundestags­wahl „stärkste Partei“werden. Und er trete an, um Bundeskanz­ler zu werden. Beifall der Delegierte­n. Dabei blendet Schulz die Niederlage­n nicht aus. An diesem Tag prophezeit er einen „langen, steinigen Weg“. Was der Kanzlerkan­didat dann vorlegt, klingt stellenwei­se wie ein Neustart seiner Kampagne: Gerechtigk­eit bleibt zwar das Kernthema. Aber die Kritik an vermeintli­ch ungerechte­n Zuständen im Land rückt Schulz deutlich in den Hintergrun­d – das hatte den Nerv vieler Wähler nicht getroffen, ihm aber den Vorwurf eingetrage­n, das Land schlechtzu­reden. Schulz schaltet um. Sein Motto heißt jetzt: „Wenn es morgen noch gerecht zugehen soll, dann müssen wir heute in die Zukunft investiere­n.“Deutschlan­d sei ein „tolles Land“, die Menschen könnten stolz sein, sagt der Kandidat. Er wolle das Land gerechter machen: Kitaplätze, Pflege, Krankenver­sicherung, gleicher Lohn für Frauen und Männer, mehr Weiterbild­ung sind einige Stichworte. Bei der Steuerpoli­tik bleibt er vage. Familien und normale Arbeitnehm­er wolle die SPD entlasten, aber nicht mit der Gießkanne Steuern senken für jene, die es nicht nötig hätten. Noch ist vieles unkonkret, Schulz will zügig nachliefer­n. Mitte Juni wird sein Buch „Was mir wichtig ist“erscheinen, in dem er Pläne schildern will.

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