Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)
Aus dem Mädchen-internat ins gemischte Gymnasium
India Leonard aus Irland war für einen zweiwöchigen Kurzzeitaustausch zu Besuch in Kammerforst
Kammerforst. Jungen und Mädchen gehen zusammen auf eine Schule. Ein sehr ungewöhnliches Bild für eine 16-jährige Irin. India Leonard wohnte in den vergangenen zwei Wochen als Austauschschülerin bei einer deutschen Gastfamilie in Kammerforst und stellte dabei so einige Unterschiede fest. India ist es gewöhnt, die ganze Woche in einem katholischen Mädcheninternat zu sein. Jeden Morgen um 8 Uhr, vor Schulbeginn, wird gemeinsam mit den dort lebenden Nonnen gebetet. Von 9 bis 16 Uhr hat India montags bis samstags Unterricht. Anstatt 45 Minuten pro Unterrichtsstunde, wie in Deutschland üblich, haben die Schüler in Irland nur 35 Minuten. Der gesamte Alltag gestaltet sich anders, wie India feststellt. Für gewöhnlich haben die Mädchen nach Schulschluss eine Stunde Zeit für vorgegebene außerschulische Aktivitäten. Dann wird bis zum Abendbrot wieder gelernt.
Doch läuft das in Irland bei weitem nicht so ab wie in Deutschland. Die Mädchen sitzen auf Einzelbänken im Klassenraum und müssen bei absoluter Stille ihre Hausaufgaben machen. Nebenbei werden sie von Lehrerinnen überwacht. Totaler Luxus also für India, schon um zwei Uhr nachmittags nach Hause zu kommen und Freizeit zu haben. An ihrer Schule in Großengottern bemerkte sie einen weiteren großen Unterschied.
„Wieso laufen hier alle mit ihren eigenen Klamotten rum?“In Irland gibt es an fast allen Schulen eine Pflicht für Schuluniformen, so auch an Indias Internat. Sie muss ihre Schuluniform also den ganzen Tag tragen, da sie im Internat wohnt und dieses repräsentieren soll. Demzufolge findet sie es toll, in Deutschland den ganzen Tag ihre eigene Kleidung zu tragen. Doch trotz all dieser für sie schönen Dinge in Deutschland fehlte ihr bei ihrem Besuch eine Sache extrem. In Irland wird viel Wert auf außerschulische Aktivitäten und dabei besonders auf den Sport gelegt.
In deutschen Schulen fällt das Angebot, ihrer Meinung nach, doch eher dürftig aus. Immer an den Wochenenden darf India raus aus dem Internat, um ihre Eltern daheim zu besuchen. Dort fährt India regelmäßig Fahrrad. Jedes Jahr wird in ganz Irland der „Cycle against Suicide“-wettbewerb veranstaltet. Schüler ab 16 Jahren dürfen daran teilnehmen und kämpfen gegen die hohe Selbstmordrate, so auch India. Laut einer Statistik der Internetseite „Nationmaster.de“ist die Selbstmordrate in Irland um 20 Prozent höher als in Deutschland.
Ist die Irin gerade mal nicht auf dem Fahrrad, dann besucht sie mit ihren Freunden Konzerte in Dublin oder reitet mit ihrer Schwester auf dem Reiterhof ihrer Tante.
Doch auch in der Vogtei hat es ihr gut gefallen. Besonders von den Festen schwärmte India. Pfingsten war für sie eine ganz neue Erfahrung und hat ihr sehr viel Spaß gemacht. Die Tänze, Lieder und vor allem der Zusammenhalt beeindruckten die Irin. Des Weiteren sammelte sie eine ungewöhnliche Erfahrungen bei ihrem Kinobesuch in Mühlhausen. Mit ekelverzerrtem Gesicht stellte India fest, dass in Deutschland gezuckertes und kein gesalzenes Popcorn verkauft wird.
Genauso neu waren für sie ein merkwürdiges Spiel namens „Mensch ärgere dich nicht“, ein Gericht das sich Sauerkraut nennt und die Tatsache das hier nicht nur Mutter- und Vatertag gefeiert wird, sondern auch noch einen Kindertag. Zwischen all den unbekannten Dingen kam ihr zumindest die Landschaft am Hainich sehr vertraut vor und erinnerte sie an ihre grüne Heimat.
Kaum Freizeit-angebote außerhalb der Schule