Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)
Haare, Haare, Haare
Hinter den Kulissen von „Zar und Zimmermann“haben die Maskenbildnerinnen nicht nur Make-up aufzutragen. Sie kleben vor allem Bärte und stecken Perücken fest
Sondershausen. Der graue, leicht gewellte Bart reicht ihm bis zur Brust. Vor fünf Minuten hat vor dem Spiegel Claus Hartmann Platz genommen. Glatt rasiertes Gesicht. Blaue Hose, blaue Weste, beiges Hemd. Wollmütze auf dem Kopf und Sänger im Extra-chor der diesjährigen Aufführung der Schlossfestspiele.
Nach fünf Minuten steht ein Zimmermann auf mit langem grauem Bart, streicht sich über die Haare und brummt: „Wie ein anderer Mann. Wie einer der Zwerge aus Schneewittchen.“In 12 Minuten wird Claus Hartmann als Zimmermann auf der Bühne im Sondershäuser Schlosshof stehen und singen. Die komische Oper „Zar und Zimmermann“von Albert Lortzing wird dieses Jahr aufgeführt. Acht Hauptrollen, Damenchor, Männerchor, Extra-chor, Statisten und Ballett. Aber auch jede Menge Bärte, aufwendig gelockte Perücken, blonde geflochtene Zöpfe und Häubchen, Löckchen und blutige Pflaster sind zu sehen. Viel Arbeit für die vier Maskenbildnerinnen des Theaters Nordhausen. In der ersten Etage des Südflügels, in einem der prächtig bemalten Räume unterm Riesensaal, haben sich Carolin Seiffert, Mara Keller, Eleni Kappeler und Katharina Edel eingerichtet. Vier klappbare Schminktische stehen vor der großen Fensterfront mit Blick zum Possen. Gegenüber noch ein fünfter Tisch für die Darsteller, die sich selbst schminken. Rechts und links liegen hinter großen knarzenden Flügeltüren die Garderoben für Männer und Frauen. Auf einem Tisch liegen die Mikrofone in großen Metallkoffern parat. Jeder Darsteller hat ein eigenes, für ihn eingestelltes Mikrofon, erzählt Pressesprecherin Birgit Susemihl. An der Wand klebt eine Liste. Die 1 gehört Zar Peter I. Am vergangenen Freitag war das Manos Kia. In einem kleinen Täschchen mit Gürtel trägt er den Sender unter der Kleidung. Das Mikrofon wird auf der Wange mit einem Spezialkleber festgeklebt und überschminkt.
Mit dicken Schwämmchen tragen die Darsteller das Makeup auf. Die Männer vom Extrachor machen das beim Rumlaufen und Schwatzen, nur bei den Bärten lassen sie sich von den Maskenbildnerinnen helfen. Wie sie auszusehen haben, steht auf einem anderen Zettel. Für den Damenchor lautet die Anweisung natürliches Make-up in Brauntönen, natürliche Lippenfarbe, kein Rot oder Pink. Auch die Damen kommen nach und nach in der Maske vorbei, lassen sich schminken oder legen das Make-up selbst auf – je nach Vorliebe. Bei den vier Maskenbildnerinnen sind die beiden übereinandergestapelten Stühle, die die Friseurstühle aus dem Theater ersetzen, dennoch meist besetzt. „Eine Stunde vor der Aufführung geht es los“, erzählt Mara Keller. Sie schminkt gerade Miriam Zubieta, die die Marie spielt. In der Garderobe singt sich Michael Tews ein. Sein Bass dringt durch die geschlossene Tür. Miriam Zubieta reicht Mara Keller Haarklemmen.
Bis zur großen Pause um 21.45 Uhr wird Mara Keller Haarnadeln und Haarspray, Pinsel und Make-up-schwämmchen nur selten aus der Hand legen. Nach den Hauptdarstellern kommen die Chorsänger, dann das Brautpaar und später die Balletttänzer. Zwischendurch huscht jemand vorbei, um noch mal nachzuschminken, das weiße Häubchen richten zu lassen oder eine verrutschte Perücke. So viel Haar gab es selten zu richten. Fast jeder Sänger trägt neben dem echten noch künstliches Haar – auf dem Kopf oder im Gesicht.
Die Perücken haben sie selbst aus Echthaar geknüpft, erzählt Chef-maskenbildnerin Carolin Seiffert. Die blonden Zöpfe der Holländerinnen aber seien diesmal bestellt worden und trotz des künstlichen Haars gar nicht mal so schlecht. Mit den Faschingsperücken von früher nicht zu vergleichen, so Carolin Seiffert.
Auf der Nase der blond bezopften Perückenköpfe klebt der Name der Darstellerin, die auf der Bühne mit geflochtenen Zöpfen unter der weißen Haube als Holländerin singen und tanzen wird. Zuvor aber werden Haare in Schnecken hoch gedreht und festgesteckt – je nach natürlicher Haarlänge dauert das schon mal ein paar Minuten. Dann kommt ein Haarband auf den Haaransatz. Je nach Haarpracht muss noch ein Haarnetz die echten Haare halten. Dann kommt die Perücke auf den Kopf. Mit Haarnadeln wird alles festgesteckt. Und das Häubchen oben drauf. Wieder Haarnadeln dran. Und dann drückt es erst einmal oder ist zu locker. Mit dem Stielkamm werden die Haare zurecht geschoben unter der Perücke. Es werden Klemmen gewechselt oder weitere eingesteckt, bevor alles richtig sitzt für den großen Auftritt...
Die Stühle in der Maske sind ständig besetzt
▶
Die nächste Vorstellungen von „Zar und Zimmermann“im Schlosshof Sondershausen sind am . Juni, .,.,. und . Juli jeweils Uhr sowie am . Juli um Uhr.