Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
ANAPÉ
Erlaubt ist: jederzeit zum Buffet zu gehen und sich einen weiteren Gang zu holen. Tabu ist: sich den Teller bis zum Anschlag voll zu packen. Es ist höflich auf seine Tischnachbarn mit dem Verzehr zu warten – man muss es aber nicht.
CZu vielen Anlässen wird heute vorab Fingerfood gereicht, meist sind das kleine Häppchen auf weichem Brot – sogenannte Canapés. Im Idealfall sind diese nicht größer als ein 2-Euro-stück und brauchen deshalb auch nicht abgebissen werden, sondern können in einem Happen verzehrt werden, eine Serviette sollte dazu mit benutzt werden, wegen der Krümel.
DISTANZZONEN Der klassische Abstand zu Fremden, Verkäufern, Servicekräften oder Beamten beträgt etwa 80 Zentimeter. Näher als eine Armlänge sollten Sie keinem kommen. Denn dort beginnt schon die persönliche Zone. Diese ist guten Freunden oder Kollegen vorbehalten.
ESSEN Es wird nicht getrunken, bevor der Gastgeber dazu aufgefordert hat. Ellenbogen werden nicht auf dem Tisch abgestützt, das Besteck wird zum Mund geführt. Ebenfalls unhöflich ist, das Essen nachzuwürzen, bevor es probiert wurde. Einmal aufgenommenes Besteck berührt die Tischdecke nicht wieder.
FLIRTEN Komplimente hört jeder gerne, wenn sie ernst gemeint sein. Ebenfalls üblich ist heute die sogenannte Akkolade – der angedeutete Wangenkuss zur Begrüßung. Ob nun zweimal oder dreimal geküsst wird, ist unerheblich. Entscheidender ist, dass dieser Kuss nur angedeutet wird.
GESCHÄFTSESSEN Ziel eines Businesslunch ist nicht etwa auf Firmenkosten satt zu werden, sondern Geschäftsbeziehungen zu verbessern. Man sollte sich also auf den Gegenüber und das Gespräch konzentrieren.
INTEGRIEREN Neu im Team? Dann sollten Sie sich einen Überblick über die geschriebenen wie ungeschriebenen Regeln der Gruppe und des Unternehmens verschaffen. Gehen Sie möglichst noch keine Koalitionen ein, halten Sie sich zunächst mit Ratschlägen und Verbesserungsvorschlägen zurück.
JUX „An seinen Scherzen erkennt man den Menschen“, wissen die Franzosen. „Scherze, die schmerzen, sind keine“, mahnen die Spanier, und eine russische Volksweisheit besagt: „Kein Scherz ist besser als der über sich selbst“. Aber Humor kann auch heikel sein. Setzen Sie Späße deshalb nur mit Bedacht ein. Unbedenklich ist: Sie erzählen eine launige Anekdote aus Ihrem Leben, bei der sie zugleich eine charmante Schwäche zugeben.
KOMPLIMENTE Schmeicheleien hört jeder gerne. Problematisch wird es immer dann, wenn diese ins Anzügliche abgleiten sollten.
LADIES FIRST Die Dame zuerst, gilt inzwischen nur noch im Privaten und beim Essen. Bei Geschäftsterminen zählt allein die Hierarchie. Hier wird stets der ranghöchste Gast zuerst begrüßt – unabhängig vom Geschlecht. Sind solche Hierarchien nicht erkennbar, wird zuerst die Person begrüßt, die man am besten kennt.
MITFAHRGELEGENHEIT Wer die Zeche zahlt, sitzt links hinter dem Fahrer oder – falls Sie zu dritt oder zu viert fahren – neben dem Fahrer. In diesem Fall gilt: Der ranghöchste Gast sitzt hinten links, sein wichtigster Ansprechpartner gleich daneben.
NACHBARN Als Neuankömmling stellen Sie sich möglichst am ersten Tag freundlich vor und bekunden den Willen zu guter Nachbarschaft. Es gehört sich, im Flur zu grüßen, Heraufsteigenden im Treppenhaus den Vortritt zu lassen, Älteren Mitbewohnern die Tür aufzuhalten , Partys rechtzeitig anzukündigen.
ORDER Der geübte Gastgeber führt die Regie einer Einladung über Fragen: Was halten Sie von einem Menü? Wollen wir zunächst eine Vorspeise nehmen? Möchten Sie Wein dazu trinken? Anschließend passt er sich den Wünschen seiner Gäste an. „Herr Ooober…!“Blickkontakt reicht. Trinkgeld bekommen lediglich Angestellte, nie der Besitzer (das gilt auch für Restaurant, Friseur, Taxi). Zehn Prozent sind inzwischen in Deutschland üblich, im Ausland besser 15.
REDE Leider gelingt nicht jedem eine pointierte Ansprache aus dem Stegreif. Danken oder erwähnen Sie zunächst die Ehrengäste, jedoch bitte nicht mehr als fünf. Sprechen Sie verständlich! Einfache Sätze, viel Emotion, kaum Substantive,
STREIT Sollten Sie im privaten Rahmen einmal unfreiwillig Zeuge eines Beziehungsstreits werden, dann beziehen Sie auf keinen Fall Position! Sie können dabei nur verlieren – schlimmstenfalls sogar einen Freund. bzw. Freundin. Ziehen Sie sich lieber umgehend, diskret und unter einem Vorwand zurück.
THEATER Nach wie vor erkennt man den Gentleman daran, dass er der Dame den Vortritt lässt und an der Garderobe zuerst aus dem Mantel hilft. Die Kleidung sollte zu solchen Anlässen elegant, aber nicht schrill sein – die Künstler spielen die Hauptrolle, nicht Sie! Am Ende eines Stückes wird reichlich applaudiert, Szenenapplaus kommt dagegen seltener vor, bei Sinfonien gar nicht. Wenn das Stück grottig war, sagen Sie das — aber nicht pfeifen oder grölen.
Behandeln Sie Menschen mit Handicap normal und bieten Sie Hilfe an, wenn diese augenscheinlich gefragt ist – etwa bei einem Rollstuhlfahrer, der eine Treppe überwinden möchte. Helfen Sie nicht ungefragt.