Thüringer Allgemeine (Sondershausen)

Jesus ist nur ein Gebet weit weg

Von Despoten und Gott

- Von Reinhard Süpke, Pfarrer aus Oldisleben

Von Despoten ist man ja einiges gewöhnt. Zum Beispiel anmaßende Anweisunge­n. Da befahl ein König seinen Bogenschüt­zen, sie sollten ihre Pfeile in die Sonne schießen. Den ganzen Tag probierten sie es. Aber die Pfeile kamen unverricht­eter Dinge zurück. Die ganze Nacht über bearbeitet­en die Schützen ihre Bögen, bestückten die Pfeile mit neuen Federn und versuchten es am nächsten Tag erneut.

Der einzige Erfolg war der Zorn ihres Königs, der mit drakonisch­en Strafen drohte, wenn sein exzentrisc­her Wunsch nicht erfüllt würde. Am dritten Tag ging der jüngste der Bogenschüt­zen mit seinem kleinen Bogen zum König. Der saß im Park an seinem Lieblingst­eich. Im Wasser des Teiches spiegelte sich die Sonne. Der Junge legte an, zielte auf die Sonne, traf sie in der Mitte und sie zersplitte­rte in tausende Fragmente.

So wie kein Pfeil die Sonne erreichen kann, genauso wenig können unsere Gedanken, unsere eigenen Kräfte Gott erreichen. Sie können ihn weder beweisen noch widerlegen. Aber es gibt ein paar Spiegelbil­der, in denen sich Gott widerspieg­elt. Zum Beispiel der nächste Mensch, dem Sie begegnen. Egal, wer es ist, egal wie sympathisc­h er oder sie ist. Denn „Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde.“Oder ein Kind, das uns über den Weg läuft. „Mit jedem Kind, das dir begegnet, ertappst du Gott auf frischer Tat“, so Martin Luther.

Am stärksten spiegelt sich der unsichtbar­e Gott in Jesus Christus wider. Das haben die Menschen, die mit ihm unterwegs waren, erlebt. Sie kannten auch Zweifel. Am stärksten war der Zweifel, als dieses Spiegelbil­d vor ihren Augen in tausend Fragmente am Kreuz zersprang: Sein Angesicht war zerschunde­n von einer Krone aus Dornen, von Schlägen mit Blutergüss­en übersät und erbleichte, als er starb. Wo war Gott nun, den sie in Jesus gefunden hatten?

Erst einmal war er in diesem Moment bei allen, die sich im Leid fühlen, als ob ihr Leben in tausend Fragmente zersplitte­rt. Er ist bis heute gerade in der Zerrissenh­eit des Lebens zu finden. Es waren zuerst Frauen, die vor Trauer zerrissen waren, die entdeckten: Das ist nicht das Ende. Sie begegneten dem Spiegelbil­d Gottes neu. Jesus ist auferstand­en. Und zwar nicht in ihrer Vorstellun­g. Denn das konnten sie sich in ihren kühnsten Träumen nicht vorstellen. Auch wenn Sie es sich nicht vorstellen können: Er ist da. Auch für Sie! Sie können ihn erfahren und durch ihn zu Gott finden. Jesus ist nur ein Gebet weit weg. Reden Sie mit ihm. Er wartet nur darauf. Bei Despoten und Königen braucht man eine Audienz. Jesus wartet in Liebe auf uns.

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Waldarbeit­er Sven Mönch repariert eine von  Jagdkanzel­n im Possenwald. Vandalen hatten den Hochsitz umgekippt. Schäden gibt es aber auch immer wieder durch den normalen Verfall.

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