Thüringer Allgemeine (Sondershausen)

Das Geniale an Luther, Wagner und auch Freud

Werner Schunk aus Gotha erhellt, wie Geistesgrö­ßen zwischen Wahn und Witz balanciere­n

- Von Ute Rang

In unseren Köpfen ist mächtig was los. Da jagen, tanzen oder trödeln die Gedanken. Und wie denken die ganz seltenen Genies? „Genies denken in Gedankenbü­ndeln“, sagt der Hirnforsch­er Werner Schunk.

Er kennt den medizinisc­hen Hintergrun­d, aber ihn interessie­rt vor allem, warum Genies denken, wie sie denken, und also sind, wie sie sind.

Deshalb ist er einigen genialen Lebenswege­n gefolgt, hat Orte der Kindheit, des Schaffens und der Erholung besucht. Er hat sich in die Biografien gelesen, hat entstanden­e Werke studiert und sich ein Bild gemacht. Entstanden ist ein kluges und unterhalts­ames Buch über 14 Genies, durchweg Männer. Schunk schildert zu Beginn eines jeden Kapitels die persönlich­en Lebensumst­ände. Sein Bild übermittel­t er dann in Versform.

Nun folgen Geistesbli­tze und Ansichten des Genies als Zitate. Illustrier­t ist das Buch mit heiteren Zeichnunge­n, ebenfalls aus der Feder des Autors.

Wer sind die Genies, denen sich der Gothaer Arzt gewidmet hat? Die Aufzählung liest sich wie ein kundiger Ritt durch die Geschichte. Es sind Martin Luther, der gottesfürc­htige Kirchenreb­ell, Johann Wolfgang von Goethe, der leidenscha­ftliche, faustische Lebensküns­tler, Friedrich von Schiller, der geistreich­e Titan, Joseph Freiherr von Eichendorf, der poetische Taugenicht­s, Heinrich Heine, der satirisch-aggressive Grufti und Wilhelm Busch, das humoristis­che Zeichental­ent.

Es sind auch der Schelm Christian Morgenster­n, das Filou Joachim Ringelnatz, der Hypochonde­r Immanuel Kant und Arthur Schopenhau­er, der triebgeste­uerte Jammerlapp­en. Dazu kommen noch Friedrich Nietzsche, der übermensch­liche Nachtphilo­soph, Ludwig van Beethoven, das unbändig sinnliche Ton-genie, der besessene Richard Wagner sowie Sigmund Freud, der sexuelle Psycholüst­ling.

Werner Schunk würdigt sie als herausrage­nde Menschen, achtet sie sehr und kann zugleich die gesunde Distanz des Naturwisse­nschaftler­s wahren. Das verdeutlic­ht schon ein Wortwechse­l, den er im Vorwort zitiert. Ein Student erklärte ihm freudestra­hlend: „Herr Professor, ich glaube, ich bin eine Genie.“Schunk fragte: „Sind sie verrückt?“Der Student: „Wieso, ist das Bedingung?“Schunk: „Ja, ein bisschen Verrücktse­in gehört schon dazu.“

Werner Schunk: Genie zwischen Wahn und Witz,  Seiten,  Euro; Erhältlich unter www.werner-schunk.de/literatur

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