Thüringer Allgemeine (Sömmerda)
Der Chef und das Wunder: Die Legende Herberger lebt
Am 28. März wäre der legendäre Fußballtrainer 120 Jahre alt geworden. Stiftung pflegt sein Andenken
Frankfurt/main. Es ist gerade einmal viereinhalb Monate her, da war Sepp Herberger noch einmal in den Schlagzeilen. Am 12. November 2016 wurde der „Chef“als Rekordtrainer des Deutschen Fußball-bundes (DFB) abgelöst. Joachim Löw feierte beim 8:0 (3:0) in San Marino seinen 95. Sieg an der Seitenlinie – einen mehr als Herberger. Am Legendenstatus des gebürtigen Mannheimers änderte der Verlust der Bestmarke nichts.
Untrennbar ist der Name Herberger mit der größten Sensation in der deutschen Fußballgeschichte verbunden. Er trainierte die legendäre Elf um ihren Kapitän Fritz Walter, die am 4. Juli 1954 das „Wunder von Bern“vollbrachte – das 3:2 im Wm-finale gegen die als unschlagbar geltenden Ungarn unter Historikern die eigentliche Geburtsstunde der Bundesrepublik.
Die Tv-bilder in schwarzweiß vom Finale und die Radioreportage von Herbert Zimmermann gehören längst zur modernen Geschichte. Dazu zählen auch die Bilder von Herberger, als er im Regenmantel den Rasen prüft und sich über das Fritzwalter-wetter freut. Und als der damals 57 Jahre alte Coach nach seinem 100. Spiel als Bundestrainer mit dem Coupe Jules Rimet im Arm von seinen Schützlingen auf Händen getragen wird. Es waren diese Bilder, die Herberger noch vor seinem Tod am 28. April 1977 zu einer Ikone machten. Hinzu kamen der Mythos um den „Geist von Spiez“und seine berühmten Weisheiten wie: „Der Ball ist rund“, „Der nächste Gegner ist immer der schwerste“, „Nach dem Spiel ist vor dem Spiel“und „Das Spiel dauert 90 Minuten“.
In Herbergers offizieller Amtszeit (13. September 1936 bis 7. Juni 1964) bestritt die Dfb-auswahl 167 Länderspiele - davon gewann sie 94 und verlor 46 (27 Unentschieden). Als Aktiver spielte Herberger erst für Waldhof Mannheim, dann für den VFR Mannheim, und schließlich für Tennis Borussia Berlin. Dreimal stand er selbst in der Nationalmannschaft und erzielte dabei zwei Tore.
Kurz nachdem der „Alte“als Bundestrainer abtrat, wurde sein Leben verfilmt – und zu seinem 80. Geburtstag brachte die Deutsche Post zum dritten Mal eine Sonderbriefmarke für eine Person der Gegenwart heraus. 2003 kam das „Wunder von Bern“auf die Leinwand, und im 50. Jubiläumsjahr 2004 erschienen allein in Deutschland 19 Bücher rund um die WM 1954.
Noch in den 70er Jahren wurden Herbergers Pläne bei der Dfb-trainerausbildung zur Definition der Begriffe „Strategie“und „Taktik“herangezogen. Er war Experte und ist eine Symbolfigur. Ein Denkmal braucht der große alte Mann des deutschen Fußballs nicht – obwohl die Stadt Mannheim ihn 2005 mit einer Bronzebüste im Congress Center ehrte. 361 Aktenordner umfassen seine lebenslang gesammelten Schriftstücke, über keinen anderen deutschen Trainer dürften so viele Bücher geschrieben worden sein. Und seit 1989 pflegt auch die Seppherberger-stiftung das Andenken an den „Chef“. (sid)