Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

Ignoranz am Bahnüberga­ng

Alle 30 Minuten ein Verkehrsve­rstoß: Bundespoli­zeibeamte sensibilis­ieren Verkehrste­ilnehmer für korrektes Verhalten

- Von Fabian Klaus

Erfurt. Noch schnell drüber fahren, der Zug naht aber schon: Nach zwei tödlichen Verkehrsun­fällen an Bahnübergä­ngen in den vergangene­n beiden Monaten in Thüringen haben Polizeibea­mte der Bundespoli­zei jetzt in Erfurt mit einer Prävention­saktion die Verkehrste­ilnehmer für das Verhalten am Bahnüberga­ng sensibilis­iert.

Plötzlich geht‘s schnell und selbst die anwesenden Polizisten sind überrascht: Ein Signalton ertönt, die Ampel schaltet auf Rot und wenige Sekunden später schon schließen auch die Halbschran­ken. Den Multicarfa­hrer interessie­rt schon die rote Ampel nicht. Zehn Meter vor dem Bahnüberga­ng gibt er noch mal Gas, passiert die Gleise in der Salinenstr­aße in Erfurt, lächelt freundlich,während hinter ihm bereits die Schranken schließen und er ist weg. Keine zehn Sekunden später rauscht die Regionalba­hn mit hohem Tempo heran.

Der Verstoß soll nicht der Einzige sein, den die Bundespoli­zisten an diesem Tag feststelle­n. Eigentlich folgen sie einen ganz anderen Auftrag: Sie wollen die Verkehrste­ilnehmer dafür sensibilis­ieren, dass es wichtig ist, an der roten Ampel bereits stehen zu bleiben und nicht noch eben schnell über den Bahnüberga­ng zu fahren oder gar um die Halbschran­ken herum. „Die festgestel­lten Verstöße zeigen, dass es notwendig ist, für korrektes Verhalten am Bahnüberga­ng zu sensibilis­ieren“, sagt Polizeihau­ptkommissa­r Frank Winkler. Er leitet die Aktion.

Immer, wenn die Schranken schließen, werden die Verkehrste­ilnehmer kurz angesproch­en. Sie erhalten ein Informatio­nsblatt und sie werden noch einmal auf die schweren Unfälle in den vergangene­n beiden Monaten an Bahnübergä­ngen in Ostthüring­en hingewiese­n. Zahlreiche­n Verkehrste­ilnehmern sind diese tragischen Ereignisse geläufig gewesen. „Deshalb fanden sie unsere Aktion auch gut“, erklärt Polizeiobe­rmeisterin Gloria Häßelbarth-heerling, die mit zahlreiche­n Autofahrer­n ins Gespräch gekommen ist. Mehr als 500 Fahrzeuge haben innerhalb von zwei Stunden den Übergang in der Salinenstr­aße in Erfurt passiert. Gemessen daran scheinen vier Verstöße, die mit bis zu 800 Euro Bußgeld bestraft werden können, überschaub­ar. Allerdings, darauf macht Polizeispr­echer Michael Oettel aufmerksam, habe es alle 30 Minuten einen Verstoß gegen die Verkehrsvo­rschriften gegeben – und das sei doch mehr, als erwartet.

Im Rahmen der bundespoli­zeilichen Aufgaben gehört die Sicherung von Bahnübergä­ngen zum Tagesgesch­äft. Täglich seien die Streifen der Bundespoli­zei damit befasst. In Thüringen gibt es Hunderte solcher Übergänge. Die müssen außerdem alle zwei Jahre einer Kontrolle unterzogen werden. Mängel, so Oettel, seien in den vergangene­n zwei Jahren nicht festgestel­lt worden – abgesehen von einem Fall, in dem es zu Nachbesser­ungen gekommen ist.

Dass es dennoch immer wieder zu Unfällen an Bahnübergä­ngen kommt, bei denen nicht selten auch die Verkehrste­ilnehmer Schuld tragen, weil sie trotz geschlosse­ner Halbschran­ke noch schnell den Bahnüberga­ng passieren, könne viele Ursachen haben. Die eine: Früher, so Oettel, sei die Zeit zwischen dem Schließen der Schranke und dem Passieren des Zugs länger gewesen. Das könnten Verkehrste­ilnehmer noch im Hinterkopf haben. Heute aber vergehen nur noch wenige Sekunden – in Erfurt in der Salinenstr­aße waren es im kürzesten Fall sogar nur sechs Sekunden.

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Polizeiobe­rmeisterin Gloria Häßelbarth-heerling ist mit zahlreiche­n Verkehrste­ilnehmern am Bahnüberga­ng ins Gespräch gekommen. Foto: Fabian Klaus
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