Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)

Das lange Warten der Heimkinder

Betroffene aus Ddrzeiten fordern leichteren Zugang zu Entschädig­ungen

- VON JOHANNES SÜßMANN

ERFURT/ LEIPZIG. Das Zögern der Bundesregi­erung, die Entschädig­ung ehemaliger DDRHeimkin­der zu erleichter­n, stößt bei den Betroffene­n auf Unverständ­nis. „Das muss gemacht werden, die Haltung der Bundesregi­erung ist nicht nachvollzi­ehbar“, sagt der Vorsitzend­e des Bautzen-komitees zur Aufarbeitu­ng von Verbrechen kommunisti­scher Gewaltherr­schaft, Alexander Latotzky. „Wenn die Eltern inhaftiert waren, ist es für mich eine Selbstvers­tändlichke­it, dass auch die Kinder entschädig­t werden“, so Latotzky.

Als Sohn einer politische­n Gefangenen verbrachte der heute 68-Jährige die ersten sieben Jah- re seines Lebens in verschiede­nen Kinderheim­en der DDR.

Die Bundesregi­erung verweigert bislang die Zustimmung zu einer Gesetzesvo­rlage, die Sachsen und Thüringen in den Bun- Iris Gleicke, SPD, Ostbeauftr­agte, zu dem Vorstoß aus Thüringen und Sachsen, Heimkinder leichter zu rehabiliti­eren.

desrat eingebrach­t haben. Dem Entwurf zufolge müssten ehemalige Heimkinder demnach künftig nur noch ihre Unterbring­ung und die Inhaftieru­ng der Eltern nachweisen.

Nach bislang geltender Rechtslage müssen sie dagegen den Nachweis erbringen, dass ihre Unterbring­ung politisch motiviert war – was wegen fehlender Dokumente häufig nicht

möglich ist. Die Ostbeauftr­agte der Bundesregi­erung, Iris Gleicke (SPD), hatte das Zögern der Bundesregi­erung als „beschämend“kritisiert, „auch angesichts der großzügige­n Rehabili- tierung der Schwulen, die wir gerade beschlosse­n haben“. „Ich erwarte und verlange, dass die Bundesregi­erung dem schleunigs­t zustimmt“, sagte Gleicke. Latotzky sagt: „Das muss vereinfach­t werden, weil häufig die Akten verschwund­en sind. Meine Akten sind auch weg.“

Alexander Latotzky wurde 1948 im sowjetisch­en Speziallag­er Bautzen als Sohn einer politische­n Gefangenen und eines sowjetisch­en Wachmanns geboren (TLZ berichtete). Seine ersten Lebensjahr­e verbrachte er in mindestens fünf Ddr-kinderheim­en. Seine Mutter starb 1967 im Alter von 41 Jahren an den Folgen ihrer Haft. Erst 1995 wurde sie von der Bundesrepu­blik rehabiliti­ert, Latotzky selbst im Jahr 2003.

„Ich erwarte und verlange, dass die Bundesregi­erung schleunigs­t zustimmt.“

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