Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
Top-gastgeberin in Sichtweite zum Weimarer Goethehaus
Claudia Wießner bewirbt sich um den Emilyroeblingpreis – TLZ stellt die Nominierten vor (4)
WEIMAR. „Ich habe mich in ein 191 Jahre altes Dornröschen verliebt,“erklärt Claudia Wießner, „und da war nicht nur ein Kuss notwendig, um es aus dem Schlaf zu wecken.“Für sie verkörpert der Amalienhof in Weimar sinnbildlich das Motto des Emily-roebling-preises 2017: Kontinuität und Wandel.
50 Zimmer stehen Gästen zur Verfügung, in Nachbarschaft des Hauses von Johann Wolfgang von Goethe. Noch zu dessen Lebzeiten wurde die „alte Lady“, wie Wießner sie gerne nennt, als Wohnhaus gebaut und 1904 vom „Verband christlicher Hospize“übernommen. „Das Haus hat eine einzigartige Geschichte. Hier wurden schon vor 1900 junge Frauen vom Marthe-marien-verein in Hauswirtschaftslehre ausgebildet. Zu Ddr-zeiten war es bekannt als Zufluchtsort und ,letzter Hafen‘ für Ausreisewillige, die das Land verlassen wollten oder mussten. Manche haben sogar ihre Möbel im Haus zurückgelassen, weil sie nur wenig mitnehmen konnten.“Als Wießner 2005 übernahm, erhielt sie vom Träger, dem Diakonischen Werk, eine strenge Vorgabe: „Entweder, ich schaffe innerhalb von zwei Jahren, das Haus wirtschaftlich zu führen, oder es wird ein Altenheim daraus.“
Die Diplom-betriebswirtin, damals 29, nahm die Herausforderung an. Was die aus Berlin stammende „Hotelière aus Leidenschaft“mitbrachte, waren wertvolle Erfahrungen aus Tourismuswirtschaft und Hotellerie, als Marketing-direktorin in Berlin und an der Ostseeküste. „Sehr wertvoll war für mich, im Jahr 2000 den Prozess der Um- gründung von insgesamt 80 Häusern unter das Dach der VCH Gmbh (Verband christlicher Hoteliers) mit zu begleiten“, erklärt Wießner.
In wenigen Jahren ist es ihr gelungen, das Erbe der Geschichte positiv mit den Anforderungen an ein modernes Hotel zu verbinden. Für ihr Engagement wurde sie von der Thüringer Tourismus Gmbh unter die Top-gastgeber gewählt, der Amalienhof schaffte es im Februar 2017 im Portal Holidaycheck unter die Top 5 in Thüringen. „So was geht nur, wenn sie die Mitarbeiter mitnehmen. Wir haben gemeinsam ein ‚Drehbuch‘ für die Zukunft des Hauses entwickelt, mit dem sich alle identifizieren können.“Wießner engagiert sich als Mentorin für Nachwuchs und auch sozial oder kulturell: „Mit unseren Salon-veranstaltungen geben wir auch Herzogin Anna Amalia die Ehre“. Zum Erfolg trägt bei, dass sie auch systematische Marktanalysen, gezielte Gästebefragungen und modernste Marketing- und Vertriebsverfahren einsetzt. Inzwischen gibt es „Serviced Appartments“für Gäste, die sich für längere Zeit in Weimar einrichten wollen, ohne umzuziehen. Sie wollen auf Hotelservice nicht verzichten, haben aber individuelle Wünsche, was die Gestaltung ihres „Zuhauses auf Zeit“betrifft. „Und da haben wir jetzt eine Lücke gefüllt“, so Wießner.