Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)

Stadt der Trümmer

Nach einer Explosion im nordirakis­chen Mossul mit mehr als 60 Toten schließt ein Usgeneral die Beteiligun­g an dem Vorfall nicht aus

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MOSSUL/ WASHINGTON. Es muss eine gewaltige Explosion gewesen sein, die das ganze Viertel erschütter­te. In Berichten heißt es, ein dreistöcki­ges Haus sei in Schutt und Asche gelegt worden. Die Trümmer begruben im Westen der nordirakis­chen Is-hochburg Mossul Dutzende Zivilisten unter sich, Kinder, Frauen, Alte, ganze Familien. Iraks Armee meldete etwa 60 Tote. Andere Quellen sprechen von mehr als 100 Opfern.

Schon seit Beginn der Offensive auf die von der Terrormili­z Islamische­r Staat (IS) gehaltene Stadt im Oktober wächst täglich das Leiden der Zivilisten. Rund 350 000 Menschen wurden von den Kämpfen vertrieben, Tausende verletzt, Hunderte getötet. Doch die Bombardier­ung in Mossuls Westen dürfte für die Zivilisten die bislang blutigste gewesen sein.

Anwohner und Aktivisten machen für die Explosion einen Luftangrif­f der Us-geführten Koalition verantwort­lich, die die Offensive auf Mossul mit ihren Jets unterstütz­t. „Meine erste Einschätzu­ng ist, dass wir wahrschein­lich an den Todesopfer­n beteiligt waren“, räumte der Us-kommandeur der Anti-isMission, General Stephen Townsend, am Dienstag ein. Es habe mehrere Us-luftangrif­fe in der Gegend gegeben. Er betonte aber, dass man keineswegs absichtlic­h Zivilisten angegriffe­n habe. Das Zentralkom­mando untersucht den Vorfall.

Wer oder was die heftige Detonation tatsächlic­h auslöste, ist aber noch unklar. Die irakische Armee etwa hat ihre ganz eigene Version, die von einem Luftangrif­f nichts wissen will. Demnach verminte der IS das Gebäude mit Sprengsätz­en. Denkbar ist auch, dass ein Luftangrif­f ein mit Sprengstof­f beladenes Fahrzeug traf, das eine Kettendeto­nation auslöste. „Ich bezweifle, dass eine solche große Zerstörung allein das Ergebnis eines Luftangrif­fs ist“, sagt der pensionier­te irakische General Abdal Karim Khalaf. Tatsächlic­h sind immer wieder Berichte zu hören, dass die Is-anhänger Menschen in Häuser sperren und die Gebäude dann für Angriffe auf ihre Gegner nutzen – mit dem Kalkül, dass die Gegenattac­ken die Zivilisten treffen.

Die Menschenre­chtsorgani­sation Amnesty Internatio­nal erklärte, Beweise aus dem Osten Mossuls deuteten auf ein alarmieren­des Muster hin. Luftangrif­fe der Us-geführten Koalition hätten ganze Häuser mit Familien zerstört. Kritiker werfen der neuen Us-regierung vor, die Angriffe verschärft zu haben und weniger Rücksicht auf Zivilisten zu nehmen. (dpa)

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Junge fährt in Westmossul mit dem Rad zwischen Trümmern hindurch. Foto: Felipe Dana

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