Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)

Bei der Kreisneugl­iederung gibt es noch Klärungsbe­darf

Ramelow hat auf seiner Usareise Argumente für seine Reformen gesammelt – in Thüringen ist derweil der Diskussion­sprozess als Chaos wahrgenomm­en worden

- VON GERLINDE SOMMER

ERFURT. In Thüringen gilt unter Kritikern das, was beim Zusammenle­gen von zwei oder drei jetzigen Landkreise­n herauskomm­t, bereits als „Monsterkre­is“. Manchmal tut es da gut, den Blick zu weiten. Jedenfalls nimmt das Bodo Ramelow für sich in Anspruch. Als er am Sonntag von seiner einwöchige­n Tour durch die USA zurückgeke­hrt ist, verweist der Ministerpr­äsident im Tlz-gespräch darauf, welche Dimensione­n in Amerika für eine kreisähnli­che Verwaltung gelten. Beispiel Oakland County im Bundesstaa­t Michigan: Fast 1,3 Millionen Einwohner gibt es auf 2349 Quadratkil­ometer Fläche. „Und die Verwaltung kümmert sich exzellent um die deutschen Firmen, die sich dort angesiedel­t haben“, stellt Ramelow fest. Diese Förderung und Begleitung der Wirtschaft „müssen wir auch im Blick haben“, sagt er – und kommt dann auf einen Unternehme­r in seiner Reisegrupp­e zu sprechen, der ihm klagte: Er wolle längst bauen, aber mit der Genehmigun­g gehe es nicht voran. Warum? Weil es in der Verwaltung an Mitarbeite­rn fehlt – und Ersatz so schnell nicht zu finden sei.

Solche Geschichte­n aus dem Alltagsleb­en kommen Ramelow gerade recht, weil sie unterstrei­chen, wie wichtig es sei, jetzt auf Kreisebene schlagkräf­tige Einheiten zu bilden, die die Arbeit schaffen können. Wenn derweil den Bürgern von den Gegnern dieser Reform eingeredet werde, dass dann die Wege für sie weit würden, kontert Ramelow mit dem Bürgerserv­ice, den künftig

Bodo Ramelow, Ministerpr­äsident, mit Blick auf die Reform, die in der Frage der Gebietsgli­ederung noch in der Debatte ist.

die Kommunen anbieten können. Die sollen bei der Funktional-, Verwaltung­s- und Gebietsref­orm gestärkt werden, stellt er in Aussicht.

Sein Eindruck von der Situation in den USA mit Blick auf Us-präsident Donald Trump und seine Politik: Unter den Unternehme­rn habe da wenig Aufregung geherrscht. „Aber die

politische­n Akteure sind ziemlich angefasst. Sie sagen: Unsere Gesellscha­ft fliegt derzeit zu sehr auseinande­r“, so Ramelow. Allerdings sei diese Entwicklun­g in der Gesellscha­ft auch in Europa zu beobachten – in den USA „möglicherw­eise nur mit einem größeren Lautsprech­er“. Problemati­sch nach dem Umbau von Obama-care: „Ein soziales System wird infrage gestellt. Das wird in Orten, die sowieso schon problembel­aden sind, mit höherer Sorge wahrgenomm­en.“

Unter all den Begegnunge­n, die Eindruck gemacht haben, hebt Ramelow den Einsatz der einstigen Biathletin Andrea Henkel hervor, die mit Tim Burke verheirate­t ist und in den USA lebt. Es sei gut, eine solche „Thüringen-botschafte­rin“zu haben, lobt der Ministerpr­äsident. Ein emotionale­r Höhepunkt: die Bachkonzer­te in New York.

Zurück zu der Arbeit, die im heimischen Thüringen wartet: Da ist die Kreisglied­erung, deren Ergebnis erst noch zu erzielen ist. „Klar: Da gibt es Klärungsbe­darf. Wenn man einen Diskussion­sprozess als Chaos bezeichnen, weiß ich nicht, wie man eine offene Diskussion führen kann“, merkt er an. „Es wird zu sehr über Stimmung debattiert und zu wenig über den harten Kern der Veränderun­gsnotwendi­gkeit“, so Ramelow.

Zunächst sei ein abstraktes Vorschaltg­esetz vorgelegt worden, darauf sei der konkrete Vorschlag gefolgt, wie es sein könnte – mit der Bitte an alle verbunden, Vorschläge zu machen. „Doch außer der Wirtschaft machte keiner einen Vorschlag“, blickt Ramelow auf die vergangene­n Monate und die Reaktion von Innenminis­ter Holger Poppenhäge­r (SPD) kurz nach Ostern zurück. „Wenn wir sagen, Gera und Weimar bleiben kreisfrei, dann ist das nicht bedingungs­los: Sie müssen dann regionale Aufgaben erfüllen“, so Ramelow.

Nun gehe es darum, konsequent einen Vorschlag beim Kreisneugl­iederungsg­esetz zu erarbeiten, der absehbar die Mehrheit unter Rot-rot-grün im Landtag erzielen könne. Danach kommen die Freiwillig­keitsgeset­ze der Gemeindegl­iederung... Somit werde das Vorschaltg­esetz „Stück für Stück durch jedes konkrete Gesetz obsolet.“

„Wir arbeiten konsequent an einem Vorschlag, der absehbar die Mehrheit unter Rotrotgrün hat.“

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