Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
Alle neun Minuten passiert ein Verkehrsunfall
In Thüringen sterben deutlich mehr Menschen auf den Straßen und Autobahnen als im deutschen Durchschnitt
ERFURT. Die Gefahr, bei einem Verkehrsunfall zu sterben, ist in Thüringen deutlich höher als in anderen Teilen Deutschlands. Pro einer Million Einwohner sind im Freistaat im Vorjahr 51 Menschen auf den Straßen und Autobahnen gestorben. Bundesweit waren es dagegen 38.
Die meisten tödlichen Unfälle ereigneten sich mit 13 im vergangenen September, gefolgt vom Juni mit zwölf Verkehrstoten und den Monaten April, Mai und August, in denen jeweils elf Menschen bei Unfällen ihr Leben lassen mussten.
Auffällig ist auch, dass mit insgesamt 21 die meisten Menschen bei Unfällen an einem Montag starben. Mittwochs wurden insgesamt 20 und an den Freitagen 19 Menschen tödlich auf Thüringens Straßen verletzt.
Für die Verkehrsunfallstatistik des Freistaates errechneten die Statistiker, dass es im Vorjahr alle neun Minuten krachte. Die gefährlichste Tageszeit für einen Unfall sind die zwei Stunden zwischen 16 und 18 Uhr.
In der Zusammenfassung von Innenminister Georg Maier (SPD) heißt das, im Sommer sollten sich Autofahrer montags zwischen 16 und 18 Uhr besonders gut konzentrieren. Natürlich auch zu allen anderen Zeiten beim Autofahren. Der Minister präsentierte gestern die Verkehrsunfallstatistik des Vorjahres für den Freistaat.
Mit Tempo 227 übers Hermsdorfer Kreuz
Er nutzte die Gelegenheit, die Tempokontrollen der Polizei zu verteidigen. Mit Blick auf Unfälle, bei denen Menschen verletzt oder getötet wurden, sei zu schnelles Fahren noch immer die Hauptursache.
Wie leichtsinnig Raser sind, zeigen einige Messergebnisse aus dem Vorjahr. So rauschte ein Auto mit Tempo 227 auf der A 9 am Blitzer unter der Brücke am Hermsdorfer Kreuz vorbei. Tempo 100 sind dort erlaubt. Mit 221 Sachen donnerte ein weiterer Autofahrer durch den Lobdeburgtunnel bei Jena. Hier ist nur Tempo 80 zulässig. Zudem warnen Schilder die Autofahrer vor den Radarfallen.
Besondere Aufmerksamkeit soll in Zukunft den Mopeds und Motorrädern, aber auch den Fahrrädern gewidmet werden. Sorge bereitet aktuell die wieder angestiegene Zahl von Motorradunfällen im Vorjahr. Mehr als die Hälfte der Motorrad- und Mopedfahrer hat ihre Unfälle selbst verschuldet. Die Zahl der getöteten Fahrer sank leicht auf 16. Dafür stieg die Zahl der Schwerverletzten mit 673 deutlich an.
Bei den Radfahrern werde die Elektromobilität zu einem deutlichen Boom führen, prognostiziert Innenminister Maier. Welche Auswirkungen das auf den Verkehr und das Unfallgeschehen künftig haben wird, sei noch nicht bekannt. Der Minister sprach sich aber mit Blick auf diese Entwicklung für deutlich bessere Fahrradkonzepte aus.
Auch die Fahrschulen forderte er auf, sorgfältig und mit viel Verantwortung vor allem die jungen Autofahrer auszubilden. Das begleitete Fahren mit 17 Jahren und der Mopedführerschein mit 15 Jahren böten gute Gelegenheiten, die Jugendlichen an den Straßenverkehr heranzuführen. Die Altersgruppe zwischen 18 und 24 Jahren bereitet den Verkehrsexperten aber auch der Polizei besonderes Kopfzerbrechen. Mit knapp 7000 Unfällen ist diese überproportional häufig an Unfällen beteiligt. Und diese jungen Autofahrer verschulden mit knapp 5400 Unfällen auch die meisten selbst. Zudem verantworte diese Altersgruppe im Vorjahr fast allein die Zunahme der Verkehrsunfälle in Thüringen.
Deutlich spricht sich Thüringens Innenminister gegen eine generelle Einschränkung des Fahrens von Autos oder Motorrädern im höheren Alter aus. Regelungen wie in der Schweiz, wo 70-Jährigen und Älteren alle zwei Jahre eine ärztliche Untersuchung vorgeschrieben ist, unterstütze er so nicht, betont Georg Maier.
Vielmehr liege es in der Verantwortung der Familienangehörigen oder von Freunden, ältere Menschen davon zu überzeugen, dass sie nicht mehr Auto fahren sollten.
Fahrschulen müssen ihre Verantwortung erfüllen