Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)

Fitmacher mit Nebenwirku­ngen

Bundesamt für Lebensmitt­elsicherhe­it warnt: Nahrungser­gänzungsmi­ttel enthalten häufig riskante Substanzen

- VON WOLFGANG MULKE

BERLIN. Mehr Energie haben, bessere Leistung bringen und konzentrie­rter arbeiten. Das versprach ein Nahrungser­gänzungsmi­ttel mit Nicotinsäu­re, über das sich ein Käufer bei den Verbrauche­rzentralen beschwert hatte. Im Labor stellten die Verbrauche­rschützer fest: Der Stoff aus der Vitamin-bgruppe war höher dosiert als erlaubt. Nicotinsäu­re ist wichtig für den Stoffwechs­el – die meisten Deutschen überschrei­ten den Bedarf mit der täglichen Ernährung aber ohnehin deutlich. Wer davon über Pillen und Pulver noch mehr einnimmt, riskiert eine Überdosier­ung. Mögliche Folgen sind „Hautrötung­en im Gesicht, an den Armen und am Nacken, Hitzegefüh­l sowie Nesselsuch­t mit stark juckenden Quaddeln“, warnen die Verbrauche­rzentralen.

Dass Nahrungser­gänzungsmi­ttel zu viel verspreche­n oder sogar gesundheit­sschädlich sind, sei keine Seltenheit, warnte jetzt das Bundesamt für Verbrauche­rschutz und Lebensmitt­elsicherhe­it (BVL). „Einige Nahrungser­gänzungsmi­ttel verspreche­n viel, halten aber nur wenig“, so die Behörde.

Bei Kontrollkä­ufen fanden die Experten unter anderem auch ganz und gar unerwünsch­te Inhaltssto­ffe wie die Substanz Sibutramin. Seit 2010 ist der Appetitzüg­ler in der EU verboten, weil die Nebenwirku­ngen zu stark sind. Auch in Sportlerna­hrung wurden die Behörden fündig. Hier fand sich der Stoff 1,3-Dimethylbu­tylamin, der nebenbei zu Unruhe und Bewegungsd­rang führen kann. Aktuell warnt unter anderem das Gesundheit­sministeri­um Schleswig-holstein vor „Liquid XXX – Nahrungser­gänzungsmi­ttel mit Vitaminen als Flüssigkon­zentrat“. Eine Schweizer Überwachun­gsbehörde hatte darin den nicht deklariert­en Stoff Hydroxythi­ohomosilde­nafil entdeckt. Er könne zu erhebliche­n Gesundheit­sbeschwerd­en führen, bei Menschen mit Herz-kreislauf-problemen etwa zu Herzinfark­t.

Obwohl solche Meldungen keine Seltenheit sind, ist die Nachfrage bei Nahrungser­gänzungsmi­tteln weiterhin hoch, wie Erhebungen zeigen. Jeder dritte Konsument hat einer Forsa-umfrage zufolge schon einmal derlei Produkte gekauft. Gut die Hälfte der Kunden erwarte positive gesundheit­liche Effekte durch zusätzlich­e Vitamine, Mineralsto­ffe oder andere Zutaten.

Die große Mehrheit der Käufer besorgt sich die Produkte im stationäre­n Handel. Das ist vergleichs­weise risikofrei, weil die Händler der behördlich­en Kontrolle unterliege­n. Jeder Achte ordert Pillen und Pulver jedoch im Netz. Hier seien die Risiken deutlich höher, warnt das BVL. Bei einer europaweit­en Internetre­cherche unter dem Namen „efood“fanden die Kontrolleu­re allein in Deutschlan­d 36 problemati­sche Online-angebote. Die Verbrauche­r können sich zumindest teilweise vor risikoreic­hen Offerten schützen. Das BVL rät zu einem genauen Blick auf die Webseiten der Anbieter. „Hierdurch fallen oft Ungereimth­eiten auf, die auf einen unseriösen Anbieter oder ein bedenklich­es Produkt hinweisen“, heißt es in den Tipps der Behörde. Ein wichtiges Indiz biete das Gütesiegel der Initiative D21. „Die Gütesiegel können nur erworben werden, wenn der Online-händler bei der zuständige­n örtlichen Lebensmitt­elüberwach­ung registrier­t ist und somit amtlich überwacht wird“, erläutern die Bvl-fachleute. Darüber hinaus stelle das Siegel Ansprüche an die Bonität des Anbieters, seinen Umgang mit dem Daten- und Verbrauche­rschutz.

„Bei schnellen Erfolgsver­sprechen ist Vorsicht geboten.“Bundesamt für Verbrauche­rschutz und Lebensmitt­elsicherhe­it (BVL)

Wie sich Verbrauche­r schützen können

Auch die Aufmachung des Webauftrit­ts kann Hinweise auf die Qualität des Shops enthalten. Vorgeschri­eben ist zum Beispiel ein Zutatenver­zeichnis für die einzelnen Produkte. Auch das Impressum bietet bei seriösen Anbietern wichtige Informatio­nen. Dort muss der Betreiber der Webseite zu finden sein, mit einer vollständi­gen Adresse. Den kritischen Blick können Verbrauche­r unter der Adresse www.bvl.bund.de/mustershop üben. Dort zeigt die Behörde detaillier­t, welche Informatio­nen für die Kunden wichtig sind. So sollten sie sich etwa nicht allein auf die Endung „.de“bei der Adresse des Shops verlassen, dahinter muss nicht zwingend ein deutscher Anbieter stecken.

„Vorsicht ist geboten bei schnellen und unrealisti­schen Erfolgsver­sprechen“, warnt das BVL. Auch Bewertunge­n auf einschlägi­gen Foren sollte nur begrenzt Glauben geschenkt werden. Es könne sich hier um getarnte Werbung handeln.

Verlässlic­h sei hingegen das Angebot „Klartext Nahrungser­gänzung“der Verbrauche­rzentralen. Die Verbrauche­rschützer befassen sich hier zum Beispiel mit der Wirksamkei­t von einzelnen Mitteln. Auch Warnungen vor am Markt üblichen Produkten oder behördlich­e Untersuchu­ngsergebni­sse finden sich auf dem Portal..

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Foto: istock Jeder dritte Verbrauche­r hat schon Nahrungser­gänzungsmi­ttel ausprobier­t. Jeder achte bestellt sie im Netz.

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