Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
„Schlechter Aprilscherz“verunsichert die Patienten
Thüringer Ärzte befürchten, dass die neue Abklärungspauschale in den Notaufnahmen zur Abweisungspauschale wird
WEIMAR/ERFURT. Zum 1. April wird in den Notaufnahmen der Krankenhäuser die Abklärungspauschale eingeführt. Dahinter verbirgt sich aber keine neue Praxisgebühr, wie sie schon verschiedentlich gefordert wurde, um die überfüllten Notaufnahmen zu entlasten. Die Abklärungspauschale ist vielmehr ein Honorar, das Kliniken für Patienten erhalten, die keine Notfallbehandlung brauchen und deshalb an die niedergelassenen Ärzte verwiesen werden können: Für die Registrierung dieser Patienten und eine ärztliche Abklärung werden pro Person zwischen 4,74 Euro (Tag) und 8,42 Euro (Nacht) gezahlt. Damit soll zugleich sichergestellt werden, dass die Klinikärzte mehr Zeit für die echten Notfälle haben.
„Den Patienten betrifft die Pauschale überhaupt nicht“, sagt ein Sprecher der KV Thüringen. Vielmehr werde damit dem Wunsch der Krankenhäuser nach einer besseren Finanzierung der Notfallversorgung Rechnung getragen. Sie beklagten schließlich, dass der Erlös pro ambulantem Notfall im Schnitt 32 Euro betrage, die tatsächlichen Kosten aber bei 120 Euro lägen. Deshalb habe sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung auch für die Pauschale stark gemacht.
Die Kliniken und die Klinikärzte sehen die Vergütung allerdings sehr kritisch: Denn 4,74 Euro entsprächen einer Zeit von zwei Minuten, in der die Mediziner entscheiden müssten, ob eine ernsthafte Erkrankung vorliegt oder nicht. Norbert Uhlenkamp, Vize-chef der Landeskrankenhausgesellschaft Thüringen, befürchtet als Folge eine Verunsicherung von Patienten, spricht sogar von einer „ernsthaften Gefahr für Leib und Leben“, wenn Ärzte binnen weniger Minuten Fälle beurteilen müssten. „Die vorgesehene Vergütung ist bei weitem nicht ausreichend. Man könnte meinen, es handelt sich dabei um einen schlechten Aprilscherz“, sagt Tomas Kallenbach, Geschäftsführer des Weimarer Sophienund Hufeland-klinikums. Professor Reinhard Fünfstück, Ärztlicher Direktor dieses Klinikums, verweist darauf, dass die Inanspruchnahme der Notaufnahmen in den Krankenhäusern letztlich die tatsächliche Versorgungssituation widerspiegele. Er ist überzeugt: „Die neue Regelung wird zu Unverständnis bei den Patienten führen.“