Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Ein typischer Vogel der Wattenmeere brütet in Schweden auch im Binnenland
Im Tierpark Gotha durch das Jahr: Austernfischer haben einen auffälligen Ruf, leben lange und sind bis ins hohe Alter geschlechtsreif
GOTHA. Wer das Watt an der Nordsee besucht, hat sie vielleicht schon gesehen – Austernfischer. Sie gehören zu den Sumpf- und Watvögeln, den so genannten Limikolen. Austernfischer sind typisch für Wattenmeere. Ihre Verbreitung reicht aber noch viel weiter. „Sie kommen auch in Zentralrussland an Mooren, Flüssen und Seen sowie in Fernost an Küsten von Japan und Nordkorea vor“, berichtet Roland Walther, Leiter des Tierparks Gotha. „Außerdem wandert diese Art die Flüsse hinauf – so die Ems, die Weser und die Elbe – und besiedelt trocken fallende Fluss-säume.“
Eine Besonderheit gibt es in Schweden und in England: Dort sind die Austernfischer auch im Binnenland heimisch. „Und die englischen Vertreter dieser Art bleiben auch im Winter, während alle anderen Austernfischer sich in wärmere Gefilde nach Südosteuropa oder Nordafrika aufmachen“, erklärt der Leiter des Tierparks.
Mit seinem langen Schnabel hat der Austernfischer die besten Voraussetzungen, um im Schlick nach Schnecken, kleinen Würmern und Wasserinsekten zu suchen, zumal er mit einem guten Tastsinn am Schnabel ausgestattet ist.
„Mit seinem schwarzen Federkleid auf der Oberseite, dem weißen Bauch, rotem Schnabel und rötlichen Beinen sieht der Austernfischer fast aus wie ein kleiner Schwarzstorch“, findet Roland Walther. Er unterscheide sich aber dennoch, so durch einen sehr auffälligen Ruf.
Austernfischer werden spät – erst mit vier Jahren – geschlechtsreif, bleiben es aber bis ins hohe Alter. „Anhand von Beringungen hat man ermittelt, Die Austernfischer haben im Tierpark Gotha in ihrem Gehege lockeren Sand, in dem sie nach kleinen Würmern suchen können.
dass ein Austernfischer 44 Jahre alt geworden ist und mit 36 Jahren noch gebrütet hat“, berichtet der Tierparkchef.
Bis zu drei Eier werden in ein eher liederliches Nest gelegt, das an trockenen Stellen wie auf Sandbänken, Strohdächern oder an Kiesgruben gebaut wird. Roland Walther: „Befindet es sich am Boden, muss man aufpassen, dass man nicht drauf tritt.“Nach 27 Tagen Brutzeit schlüpfen die Jungen, die von
Beginn an das Nest immer wieder verlassen, um schnell die Futtersuche lernen.
Weltweit gibt es über eine Million Brutpaare
Eigentlich leben die Austernfischer ein Leben lang mit einem Partner. „Es wird aber auch beobachtet, dass sich ein Männchen mit zwei Weibchen zusammen
tut. Allerdings haben solche Dreierbeziehungen wenig Bruterfolg“, sagt Walther. Man wisse nicht genau, warum, aber wahrscheinlich werden die Eier nicht zuverlässig bebrütet.
Weltweit gibt es über eine Million Brutpaare von Austernfischern. Die Vögel sind in ihrem Bestand nicht gefährdet, obwohl Klimaforscher prognostizieren, dass es die westeuropäische Population am Ende des 21. Jahrhunderts nicht mehr geben
könnte. „Ich glaube das nicht, denn die Tiere sind sehr anpassungsfähig“, sagt Walther.
Im Gothaer Tierpark leben drei Austernfischer gemeinsam mit Kiebitzen und Säbelschnäblern. „Der Sand in ihrem Gehege ist sehr locker, damit sie ihrem natürlichen Drang, nach Futter zu suchen, folgen können“, erklärt der Tierparkleiter. Sie werden aber auch gefüttert – mit spezieller Nahrung für Limikolen und mit kleinen Fischen.
Mit der Nachzucht habe es in Gotha bisher noch nicht geklappt. Roland Walther: „Aber unsere Vögel sind ja noch jung. Sie stammen aus dem Tierpark Dessau, wo sie geboren sind.“
● Täglich von bis Uhr ; Eintritt: Erwachsene sechs Euro, Kinder drei Euro, vier Euro ermäßigt. Die Serie „Im Tierpark Gotha durch das Jahr“auch im Internet: thueringerallgemeine.de/tierpark