Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
„Bounce“nah am Original, Besucher aber bleiben fern
Glänzende Bon Jovitributeband vor kleine Kulisse in der Kleinkunstbühne Katharinenschule
EISENACH. Also in den Osten verirren sich die Jungs von „Bounce“ja so gut wie nie. Dass die Bon Jovi-tribute-band am Freitagabend in der Kleinkunstbühne in Eisenach rockte – weiß der Fuchs, wie Hausherr Peter Reich das gemacht hat.
Und eines muss man den Mannen aus dem verschlafenen Wülfrath lassen, sie übertreiben nicht wenn sie meinen, dass sie dem Original aus New Jersey ganz nah kommen. Verdammt nah. So konnten die eingefleischten Bon Jovi-fans – und die meisten der vielleicht 60 zahlenden Gäste – „Bon Jovi“mal für 22 Euro und nicht wie das Original zuletzt für 120 Euro erleben.
Ok, Sänger Oli „smart“Henrich (37) trägt schulterlanges Haar, singt aber kaum einen Deut schlechter als der gute alte JBJ in besten Tagen. Selbst das schwindelerregend hohe „Livin on an Prayer“hauen „Bounce“in Originaltonlage raus. Chapeau! Das bekommt der Altmeister heute nicht mehr hin.
Die Kleinkunstbühne war fest in der Hand von Insidern, die 90 Prozent aller Texte im Schlaf abrufen können. Beeindruckend. Und dennoch hatte der Auftritt etwas von Tanztee im Vergleich zu den Konzerten, die „Bounce“sonst in den gebrauchten Bundesländern mit ihren Fans abfeuern. Tatsächlich nutzten ein paar Kleinkunstbühnen-gäste die Stühle (warum standen die da?), um sich sitzend „Every Day“, „Keep The Faith“oder „You Give Love a Bad Name“um die Ohren hauen zu lassen. Ein aberwitziger Anblick. Na Zieht bei „Bounce“die meisten Blicke der Fans auf sich: Frontmann Oliver Henrich.
gut. „BAP“haben in der Messehalle Erfurt auch bestuhlt gerockt, aber da hat es das Volk wenigstens prompt von den Stühlen gerissen.
Meiner einer, der Bon Jovifan aus Tagen, als der Mastermind noch Haarspray in die Mähne und die Band selbst noch satt Metal sprühte, fand tatsächlich: Was für eine tolle Band. Und wie es schien, dachten das die meisten anderen auch so. „Bounce“, in Eisenach nicht in Bestbesetzung (Ersatzleute am Bass und Schlagzeug), zockten einen Bon Jovi-gassenhauer nach dem anderen in das zurückhaltende Auditorium. Und siehe da, bei „Raise your Hands“kam endlich so etwas wie Stimmung auf. Hände hoch! Kein Wunder, stammt der Titel doch
auch vom 1986er Album „Slippery When Wet“. Da war die Welt für Bon Jovi-fans der ersten Stunde noch in Ordnung, ehe der radiotaugliche Mainstream über die Bj-welt hereinbrach und das Desaster auch mit „Keep The Faith“(1992) nicht mehr abgewendet wurde. Ich gehöre zu den Bj-fans, die seither mit den Glam-rockern mehr oder weniger gebrochen haben.
Am Freitagabend kamen die alten Sympathien unter dem Berg der Vorurteile doch wieder zum Vorschein. Oliver Henrich (voc/git), Jens Rösel (git/voc), Johannes Brunn (keyb) und dem Rest der Cool & Gang sei dank. Also doch: Dead or Alive!
Ob man das abgelutschte „Halleluja“von Leonard Coen tatsächlich auf die Setliste nehmen muss, darf bezweifelt werden. Aber gut, die Mädels und auch ein paar Herrlichkeiten waren hin und weg, vom „Bed of Roses“. Kurz: Was „Bounce“in der Kleinkunstbühne ablieferten, war auch mit kleinem Besteck – sie können auch die ganz große Show auf großen Bühnen – und originalgetreuem Sound mächtig gewaltig, Egon. Ein Bon Jovi-best of vom Feinsten.
Einmal habe ich mich gefragt, ob dieser sonst sicher etwas impulsivere Fünfer am Freitag a) gute Miene zum besucherlauen Gig gemacht hat und b) vielleicht nicht doch mal etwas eigenes Musikalisches in den Ring werfen sollte. Bei diesen Voraussetzungen? Aber egal.
Diese Bon Jovi-tribute-band hat dem anscheinend verschlafenen Eisenach jedenfalls einen grandiosen Abend beschert und dabei eben auch ein paar Perlen vor die Säue geworfen (stell dir vor: Lep Zeppelin spielen in Originalbesetzung in Eisenach und keiner geht hin).
Die einen machen die schwache Resonanz am Wochentag fest, andere am Eintrittspreis, andere mit der schwachen Werbung der Kleinkunstbühne und wiederum andere mit „Eisenach an sich“. Die Wahrheit liegt wohl in der Mitte.
Ich werde mal einige meiner alten Bj-platten aus dem Schrank kramen. Don BJ‘S „Blaze Of Glory“(1988) hat mich weiland ja zumindest etwas gnädiger gestimmt und „Keep The Faith“(1992) war ein Friedensangebot, was man vom Album und Namensgeber der Tributeband „Bounce“(2002) nicht sagen kann.
Gehen wir mal davon aus, dass man „Bounce“in Eisenach das erste und letzte Mal gesehen hat. Verabschieden wir die Band mit „Big Applause“und einem satten „Get Ready“oder doch „Runaway“?
Bei „Raise your Hands“kommt Stimmung auf