Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Elefanten und Akrobaten im Arbeitszimmer
Seit 60 Jahren baut Manfred Weber an seinem Zirkusmodell – Seine jüngste Arbeit ist ein Raubtierwagen samt Fleischhaken – Magdeburger Museum ist interessiert
WALTERSHAUSEN. „Wenn ich meinen Zirkus aufgebaut habe, fühle ich mich schon ein bisschen wie der Zirkusdirektor“, gesteht Manfred Weber. Er erfüllt sich mit seinem Zirkus Nelli seinen Traum vom eigenen Unternehmen. Seit rund 60 Jahren baut er unverdrossen an dem Modell.
Mittlerweile ist er in der Phase, wo er alte Wagen verschrottet und durch neue ersetzt. „Eben wie im richtigen Zirkusleben“, sagt Manfred Weber lächelnd. Und genau an das kommt er mit seinen Modellen so nahe wie nur irgend möglich heran.
Angefangen hat alles mit einem Gastspiel vom Zirkus Barley in Waltershausen. Da hat der Junge fasziniert zugesehen, wie die Arbeiter das Chapiteau aufbauten, kam aus dem Staunen nicht heraus, als Josef Holzmüller mit der Elefantendame Nelly die Manege betrat. Was der kleine Manfred Weber hier sah, ließ ihn nicht mehr los. Er spielte zu Hause Zirkus. Und weil seine Spielsachen schon bald nicht ausreichten, all das darzustellen, begann er zu bauen, was fehlte.
Das Zirkuszelt aus Papier, Wohnwagen aus Schachteln.
Nach und nach kam immer mehr Perfektion in diese Arbeiten, brauchten die Wagen und das Zelt keinen Vergleich mit den Originalen zu scheuen.
Seine jüngste Arbeit ist ein Raubtierwagen. Da fehlt es nicht am Fleischhaken, auch nicht am hölzernen Hackklotz, in dem das Fleischerbeil steckt.
Und das tut es im wörtlichen Sinn. „Es ist nicht etwa angeklebt“, sagt Weber, „sondern aus einer Rasierklinge gefertigt und ins Holz getrieben.“
Wer den Toilettenwagen näher betrachtet, wird sehen, auch die Urinale sind an ihrem Platz. Papierkörbe und Feuerlöscher vervollständigen das Bild. Belebt ist nun auch die Manege. Dort wird eine Bärennummer gezeigt. „Damit will ich an Ursula Böttcher erinnern“, merkt Manfred Weber an.
Es ist die Detailversessenheit des Modellbauers und Zirkusfreundes, die über Zirkus Nelli einen Blick auf 60 Jahre Zirkusgeschichte ermöglicht. So viele Tiere, wie Weber hat, gibt es heute in keinem realen Unternehmen mehr. Die unterschiedlichen Wagen dokumentieren den Wandel dieser Welt.
Zu sehen ist beispielsweise ein Wagen, auf dem einst Zirkus Aeros die Masten für sein Zelt transportierte. Das gehöre heute der Vergangenheit an, meint Weber, aber er könne zeigen, wie das damals funktionierte.
Zirkus Nelli im Maßstab von 1:60 nimmt mittlerweile viereinhalb Quadratmeter ein. Zurzeit ist dieser wieder in ganzer Schönheit zu sehen – im Arbeitszimmer von Manfred Weber. „Das letzte Mal“, ist er sicher, denn zum mühevollen Aufbau fühlt er sich mittlerweile körperlich nicht mehr in der Lage.
Und er macht sich Gedanken, was aus seinem Unternehmen werden soll.
Dem Heimatmuseum auf Schloss Tenneberg hat er es bereits angeboten – vergeblich. Da habe man für so etwas keinen Platz, wurde dem Zirkusbegeisterten beschieden.
Jetzt denkt Manfred Weber darüber nach, Zirkus Nelli vielleicht nach Magdeburg ins Zirkusmuseum zu geben.
Lieber aber wäre es ihm, er bliebe in Thüringen, möglichst nah bei Waltershausen. Und an einem Ort, wo es auch Gelegenheit gibt, ihn
zu bestaunen.
Versessen aufs Details