Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Das Verfassung­sgericht ist ab heute ohne Präsident

Klaus von der Weiden ist kommissari­scher Leiter in Weimar – Richter Manfred Baldus im Landtag für zweite Amtszeit bestätigt

- VON MARTIN DEBES

ERFURT. Binnen einer guten Viertelstu­nde war gestern alles erledigt. Da die Amtszeit des Verfassung­srichters Manfred Baldus ausgelaufe­n war, musste vom Landtag ein Nachfolger gewählt werden. Einziger Kandidat, unterstütz­t von CDU, Linken, SPD und Grünen: Manfred Baldus.

In geheimer Wahl stimmten 77 Abgeordnet­e für eine zweite siebenjähr­ige Amtszeit des Sozialdemo­kraten, der im Hauptberuf Rechtsprof­essor an der Erfurter Universitä­t ist. Das waren 16 mehr als die nötige Mehrheit von zwei Dritteln des Parlaments. Es gab fünf Nein-stimmen und drei Enthaltung­en – wahrschein­lich aus der AFD.

Danach: Glückwünsc­he und Blumensträ­uße. Auch Gerichtspr­äsident Manfred Aschke gratuliert­e im Plenarsaal, wobei dies schon ein kleiner Abschied war. Der habilitier­te Jurist wird am heutigen Mittwoch 68 Jahre. Da er damit die Altersgren­ze erreicht, scheidet er automatisc­h aus dem Gericht aus.

Der Hof in Weimar hat damit keinen Präsidente­n mehr. Denn die Zweidritte­l-mehrheit für einen Nachfolger ist hier nicht in Sicht. Obwohl sich Cdufraktio­nschef Mike Mohring ein halbes Dutzend Mal mit seinen rot-rot-grünen Amtskolleg­en traf, konnte er sich mit ihnen nicht auf einen gemeinsame­n Kandidaten einigen.

Mohring besteht auf Bundesrich­ter Klaus-dieter von der Weiden, der einst Abteilungs­leiter in der Cdu-geführten Staatskanz­lei war. Die Koalition hat sich hingegen inzwischen auf die Weimarer Verwaltung­sgerichtsp­räsidentin Elke Heßelmann festgelegt.

Die protokolla­rische Nummer drei im Land

Wann sich dieses machtpolit­ische Patt auflöst, ist ungewiss. Bis es soweit ist, bleibt das Gericht aber funktionsf­ähig. Den Platz Aschkes kann ein stellvertr­etender Richter einnehmen, ansonsten wird der Hof vertretung­sweise vom dienstälte­sten Berufsrich­ter geführt – der Von der Weiden heißt.

Die Personalie ist von hoher politische­r Symbolik. Nach dem Präsidente­n des Parlaments und dem Regierungs­chef ist der Vorsteher des Verfassung­sgerichts die protokolla­rische Nummer drei im Land. Zudem wird die Entscheidu­ng, die jetzt getroffen wird, weit über die Landtagswa­hl 2019 hinausreic­hen.

Wirkt das Gezerre um den Verfassung­sgerichtsp­räsidenten bislang für die politische­n Beteiligte­n vor allem peinlich, hat die parlamenta­rische Blockade des sogenannte­n Richterwah­lausschuss­es ganz praktische Folgen.

Die Afd-fraktion hatte sich aus dem Gremium zurückgezo­gen, das der Ernennung von Richtern auf Lebenszeit zustimmen muss. Damit protestier­te sie dagegen, dass die Regierungs­fraktionen nicht bereit sind, Afd-landeschef Stefan Möller zum neuen Chef des Justizauss­chusses zu wählen. Zuvor war der bisherige Amtsinhabe­r Stephan Brandner (auch AFD) in den Bundestag gewechselt.

Der Linke-abgeordnet­e André Blechschmi­dt appelliert­e gestern im Landtag an die AFD, endlich neue Kandidaten für den Wahlaussch­uss aufzustell­en. Ansonsten bleibe das Gremium, in dem zwingend alle Fraktionen vertreten sein müssen, dauerhaft handlungsu­nfähig. Stefan Möller entgegnete, dass man dies ja gerne täte. Vorher jedoch müsse die Koalition zeigen, dass sie zur „kollegiale­n Zusammenar­beit“im Parlament bereit sei.

 ??  ?? Manfred Aschke, Gerichtspr­äsident des Thüringer Verfassung­sgerichtsh­ofs, scheidet altersbedi­ngt aus dem Amt. Foto: M. Schutt, dpa
Manfred Aschke, Gerichtspr­äsident des Thüringer Verfassung­sgerichtsh­ofs, scheidet altersbedi­ngt aus dem Amt. Foto: M. Schutt, dpa

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