Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Der romantische, der traurige oder der sozialistische Bach
Neuer Ausstellungsteil im Bachhaus zeigt Büsten verschiedener Epochen. Eröffnung zum heutigen 333. Bachgeburtstag
EISENACH. So hat Johann Sebastian Bach wirklich ausgesehen. Das wird von der Büste behauptet, die Carl Ludwig Seffner 1854/55 geschaffen hat und zwar auf der Grundlage der anatomischen Rekonstruktion von Bachs Schädel. Zu sehen ist das Exponat in der ersten Etage im Neubau des Bachhauses.
Zum heutigen 333. Geburtstag von Bach werden aber auch noch sechs weitere Darstellungen gezeigt, Arbeiten von Künstlern, die vom jeweiligen Zeitgeist und Zeitgeschmack beeinflusst waren.
Von einem „romantischen Blick“auf Bach spricht Direktor Jörg Hansen angesichts der im 19. Jahrhundert sehr populären Büste von Aurelio Micheli. Das gezeigte Exemplar schmückte das Festkonzert zu Bachs 200. Geburtstag im Pariser Konservatorium unter dem Dirigat von Charles M. Widor.
Der sozialistische Bach hingegen ist ein junger, flegelhafter. Er lümmelt auf seinem Denkmal in Arnstadt und „trotzt der Obrigkeit“. So beschreibt Jörg Hansen die in den 1980er Jahren übliche Interpretation. Ein Bronze-abguss der Büste ist Teil des Bach-denkmals in Dornheim. Von dort stammt der Gipsabguss, der aktuell ausgestellt ist.
Wie der Welt entrückt wirkt Bach als Miniaturbüste von Luigi Colani, die eine limitierten Auflage von 300 Stück hatte. Entstanden ist sie zu Bachs 300. Geburtstag, ebenso wie die mächtige Skulptur aus Eiche von Gerhart Kurt Müller. Diese wiederum ist ein Unikat mit einer besonderen Geschichte.
Gedacht für das 1985 neu eröffnete Bach-museum Leipzig, verschwand sie lange Zeit in Depots, weil sie als „zu traurig und nicht optimistisch genug“empfunden worden ist. Die Mundwinkel hängen nach unten, die Arme sind eng an den Körper angelegt, Diese „Bach-typen“sind ab heute im Foyer des Bachhauses am Frauenplan zu sehen. Sie gehören zum neuen Ausstellungsteil, der anlässlich des . Geburtstags von Johann Sebastian Bach eröffnet wird. Foto: Birgit Schellbach
und Bach wird ohne Perücke gezeigt. Größtes Genie, berühmtester Deutscher, Nationalheiliger? „Alle Projektionen scheinen an ihm abzuprallen“, interpretiert Jörg Hansen die Skulptur, die eine Leihgabe des Museums der bildenden Künste Leipzig ist. Fortan wird sie dauerhaft gezeigt, denn alle „Bach-typen“sind jetzt Teil der Dauerausstellung.
Eine Sonderschau hingegen zeigt der französische Künstler Jacob Reymond. Mit seiner abstrakten, aber strukturierten Malerei interpretiert er Musik – Klassik ebenso wie Werke von Zeitgenossen. Gleichzeitig komponiert er selber und setzt eigene
Musikstücke bildnerisch um. Er ist ein großer Verehrer von Bach und freut sich sehr, im Bachhaus ausstellen zu können. Reymond wird heute zu Bachs Musik malen, während Marie Theres Zechiel dazu tanzt.
Ein anderer Maler ist seit 2011 im Bachhaus vertreten: Johannes Heisig. Das Gemälde „So kämpfet nun, ihr munteren Töne“entstand in seiner Zeit als Stadtgast in Eisenach. Es zeigt Bach mit Thomanern und Instrumentalisten auf der Empore der Leipziger Thomaskirche. Das Bachhaus konnte das Gemälde, das sich bisher in Privatbesitz befunden hat, erwerben. Das wird heute auch gefeiert.