Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
„Kübelweise mit Dreck beworfen“
Landtagsdirektorin wehrt sich – Koalition kritisiert
ERFURT. Die Landtagsdirektorin ist keine Frau, die die Öffentlichkeit sucht. Birgit Eberbach-Born gehört zwar zu den mächtigsten und bestbezahlten Beamten des Freistaats, aber ihr Agieren spielt sich im Verborgenen ab. Die Volljuristin unterstützt die Arbeit von Parlamentspräsident Christian Carius (CDU), ist seine ständige Vertreterin in der Verwaltung und somit de facto die Chefin des etwa 130 Mitarbeiter starken Behördenapparats.
Nachdem die rot-rot-grünen Koalitionsfraktionen EberbachBorn Zensur vorwarfen, weil sie die Erwiderung auf eine Klage der CDU-Fraktion vor dem Verfassungsgericht gegen die umstrittene Gebietsreform gehörig zusammenkürzte, steht die Direktorin plötzlich im medialen Rampenlicht. Wie sehr sie sich davon getroffen fühlt, daraus macht sie keinen Hehl. „Ich bin entsetzt über den Hass, der mir entgegenschlägt“, sagt sie. Kübelweise sei sie mit Dreck beworfen worden. Sogar das Wort „Rufmord“fällt.
Entschieden weist die Christdemokratin zurück, dass ihr umfangreiches Redigieren, – etwa ein Drittel der 36 Seiten fielen dem Rotstift zum Opfer – etwas mit ihrer Parteimitgliedschaft zu tun habe. Sie habe nur Spekulationen oder Vermutungen gestrichen, die der Neutralitätspflicht des Landtags widersprächen, oder die rechtlich fragwürdig gewesen seien, betont sie.
Carius steht zu ihr. Er sagt, die vorgenommenen Änderungen und Straffungen seien außer vom Referatsleiter von allen Bearbeitungsebenen mitgetragen worden. Zu dem Referatsleiter muss erwähnt werden, dass er sich in besagtem Schriftstück sehr häufig selbst zitierte, was ebenfalls von Eberbach-Born ein ums andere Mal gestrichen wurde. Der Landtagspräsident sagt, es habe für ihn keine Veranlassung gegeben, die Endfassung nicht zu autorisieren.
Gestern, in einer eigens angesetzten Sondersitzung des Ältestenrats, sollten sich Carius und seine Spitzenbeamtin erklären. Aber weil keine Stunde später die Landtagssitzung begann, kam Eberbach-Born erst gar nicht zu Wort.
„Wer nicht einmal dieses Mindestmaß an Fairness walten lässt, der hat kein Aufklärungsinteresse“, sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende Mike Mohring im Anschluss. Die politische Absicht zeige sich auch daran, dass Innenminister Holger Poppenhäger (SPD) sich als Mitglied der Landesregierung öffentlich in diese interne Angelegenheit des Landtags einmischt. Laut Mohring „ein bisher beispielloser und ungehöriger Vorgang“.
Der Vorsitzende der Jungen Union, Stefan Gruhner, griff zudem Regierungschef Bodo Ramelow (Linke) scharf an: „Die Tatsache, dass der Ministerpräsident persönlich auf seinem Twitter-Account den Verdacht der Manipulation gegenüber der Landtagsverwaltung in den Raum stellte, ohne die Faktenlage genau zu kennen, ist absolut inakzeptabel für den Chef der Exekutive.“
Die Vorsitzenden von Linkeund SPD-Fraktion, Susanne Hennig-Wellsow und Matthias Hey, sowie die Parlamentarische
„Ich bin entsetzt über den Hass, der mir entgegenschlägt.“ Landtagspräsidentin Birgit EberbachBorn
Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion, Astrid RotheBeinlich, zeigten sich indes überrascht „über die Schärfe, die uns in dieser Sitzung gleich zu Beginn entgegenschlug. Wenn die Landtagsverwaltung wirklich vorhatte, mit einer kurzen Sitzung vor Beginn dieses Plenums alle Unstimmigkeiten auszuräumen, ist das aberwitzig.“Carius Versprechen nach vollständiger Transparenz sei hohl geblieben.
Die teils sogar unleserlich kopierten Akten seien unzureichend und hätten kaum Einblick in die Entscheidungsabläufe gewährt. Offensichtlich spiegele die Vorlage nur einen von der Verwaltung selbst ausgewählten Ausschnitt wider.
In der kommenden Woche wird sich der Ältestenrat erneut mit der Angelegenheit befassen.