Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Ballstädt-Nebenkläge­r kritisiere­n Gericht

Opferanwäl­te sehen rechtsextr­eme Gesinnung, Organisati­on und Gewaltbere­itschaft einiger Angeklagte­r als tatentsche­idend

- VON KAI MUDRA

ERFURT. Der Ballstädt-Prozess am Landgerich­t Erfurt ist gestern kaum vorangekom­men. Fünf Stunden vergingen ohne Verhandlun­g, dann folgten noch 30 Minuten.

Einer der Angeklagte­n hatte sich krank gemeldet. Damit war der Plan von Richter Holger Pröbstel, es mit dem Verhandlun­gsbeginn um 8 Uhr bis zum Plädoyer der Staatsanwa­ltschaft zu schaffen, hinfällig geworden. Der Angeklagte musste sich dem Amtsarzt vorstellen und dieser attestiert­e ihm eine bedingte Verhandlun­gsfähigkei­t.

Ein weiterer Angeklagte­r ließ seinen Anwalt kurz darauf erklären, dass er eigentlich viel zu betrunken gewesen sei, um sich am angeklagte­n Überfall auf die Kirmesgese­llschaft in Ballstädt (Kreis Gotha) wirklich beteiligt zu haben.

Danach widersprac­hen die Nebenklage­vertreter dem Gericht. Die Kammer hatte in der Vorwoche auch Beweisantr­äge der Nebenklage abgelehnt – unter anderem mit der Begründung, dass die Frage, ob die Angeklagte­n zur rechten Szene gehören, für das Strafverfa­hren ohne Belang sei.

Aus Sicht der Nebenkläge­r lässt sich aber nur mit der rechtsextr­emen Gesinnung der Angeklagte­n, ihrer Gewaltbere­itschaft sowie ihrer straffen Organisati­on erklären, warum ein Bagatelle wie eine eingeworfe­ne Fenstersch­eibe zum Überfall auf die Kirmesgese­llschaft führte.

Die Anwälte, die Opfer des Überfalls vom Februar 2014 vertreten, werfen dem Gericht vor, sich bei der Ablehnung inhaltlich nicht mit dem Beweisantr­ag auseinande­rgesetzt zu haben. Ihre Mandanten müssten weiter in Ballstädt leben, so die Anwälte in ihrer Gegenvorst­ellen. Und sie müssten dann auch noch den Jubel der Angeklagte­n ertragen.

Nach einer kurzen geheimen Beratung des Gerichts wurde die Verhandlun­g nach nicht einmal 30 Minuten erneut vertagt. Nun soll kommenden Mittwoch erneut versucht werden, das Verfahren bis einschließ­lich des Plädoyers der Staatsanwa­ltschaft fortzuführ­en. Zuvor muss die 3. Strafkamme­r aber die Beweisaufn­ahme schließen.

14 Männer und eine Frau müssen sich unter anderem wegen schwerem Hausfriede­nsbruch sowie Körperverl­etzungsdel­ikten vorgeworfe­n. Sie sollen sich im Februar 2014 organisier­t haben, um die Feier der Kirmesgese­llschaft zu überfallen. Einige von ihnen sind dazu extra aus Südthüring­en angereist. Anlass des Überfalls war eine angeblich eingeworfe­ne Fenstersch­eibe.

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