Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Keine Einigung vor Jahresende
PossenStreit: Gespräche laufen zwischen den Ministerien auf Fachebene
SONDERSHAUSEN. „Die Argumente sind ausgetauscht.“Was wie eine Resignation klingt, das soll eigentlich das Gegenteil bewirken. Mit diesem Satz will ein Sprecher von Umweltministerin Anja Siegesmund (Grüne) deutlich machen: „Auf Fachebene laufen die Gespräche weiter.“
Zwischen Umweltministerium und Landwirtschaftsministerium, genauer zwischen den Ministerinnen Anja Siegesmund (Grüne) und Birgit Keller (Linke), tobt ein Streit um das geplante Waldwildnisgebiet „Possen“. 2500 Hektar sollen zugunsten der Artenvielfalt aus der Nutzung genommen werden. In dem Koalitionsvertrag von Linken, SPD und Grünen ist das so erwähnt, Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hat sogar bei seiner ersten Regierungserklärung darüber gesprochen.
All das zum Zwecke, dass das Ziel, insgesamt 25000 Hektar Waldfläche aus der Nutzung zu nehmen, erreicht wird. Auch das steht so im Koalitionsvertrag, ist Siegesmunds Antrieb, für den Possen zu kämpfen. Abgesehen davon steht das Projekt für grüne Politik und damit für ihren Antrieb als grüne Politikerin.
Auf der anderen Seite allerdings steht Birgit Keller. Die Linke dürfte sich zwar genauso an den Koalitionsvertrag gebunden fühlen, wie ihre Kabinettskollegin. Allerdings vertritt Keller auch die Interessen von Thüringen-Forst. Das landeseigene Unternehmen ist Eigentümerin der in Rede stehenden Flächen und begehrt dagegen auf, dass mit den wertvollen Buchenhölzern kein Geld mehr verdient werden soll. Anja Siegesmund hat nun kürzlich sogar zum Preise einer Koalitionskrise deutlich gemacht, sie werde am Waldwildnisgebiet Possen festhalten. Auch in dem Wissen: Ohne die Fläche am Possen wird es schwer, das gesteckte Ziel zu erreichen, denn andere Gebiete – beispielsweise im Vessertal – lassen sich nicht so umsetzen, wie das einst geplant war.
Ihr Staatssekretär hat ihr nun allerdings offenbar einen Strich durch die Rechnung gemacht und die harte Haltung Siegesmunds in der Frage aufgeweicht. Olaf Möller signalisierte im Rahmen einer Podiumsdebatte zum einen Kompromissbereitschaft bei der Flächengröße, ein Sprecher des Hauses ließ auf Nachfrage dieser Zeitung allerdings nicht durchblicken, was das konkret heißt. Möller habe zwar gesagt, dass der Possen weiter ein großes Urwaldgebiet werden soll – Fachleute definieren groß mit mindestens 1000 Hektar –, allerdings sei das nicht so zu verstehen, dass das Umweltministerium sich mit eben diesen 1000 Hektar begnügen würde. So allerdings wurde es im Landwirtschaftsministerium verstanden.
Ministerin Birgit Keller sagte indes in einem MDR-AktuellInterview, dass das Ziel aus dem Koalitionsvertrag, 25000 Hektar Wald zum Urwald umzuwidmen, erreicht werden solle und man daran auch in ihrem Hause festhalte. Aus dem Umweltministerium heißt es indes: Die Gespräche laufen weiter, mit einer Einigung sei allerdings nicht vor dem Jahresende zu rechnen – damit hat sich die zeitliche Zielsetzung im Vergleich zum Jahresende 2016 erneut um mehr als sechs Monate nach hinten verschoben.